Auf 2400 Hektar könnten im Kreis Segeberg neue Windräder gebaut werden. Doch das letzte Wort liegt jetzt bei der Landesregierung.
Kreis Segeberg. Der Kreis Segeberg liegt im Bundestrend: Die Windenergie hat in Deutschland einen Anteil am Brutto-Stromverbrauch von sieben Prozent - exakt diese Zahl wird im Kreisgebiet erreicht. Doch in Schleswig-Holstein rangiert der Kreis weit hinten: 34 Prozent Windenergieanteil wurden landesweit errechnet. Wer zum Beispiel durch Dithmarschen fährt, erkennt schnell, welche Rolle die Windkraft dort spielt. Aber der Kreis Segeberg will aufholen: Künftig sollen hier auf rund 2400 Hektar landwirtschaftlicher Fläche Windräder aufgestellt werden. Der Kreistag hat Eignungsflächen beschlossen, die Landesplanung aber hat das letzte Wort.
Im Kreis Segeberg sind Windkraftanlagen kaum zu sehen: Bisher gibt es gerade einmal fünf Windparks mit insgesamt 34 Anlagen und eine Einzelanlage. Sie stehen in Hasenkrug, Wiemersdorf und Geschendorf. Insgesamt 331 Hektar wurden dafür zur Verfügung gestellt. In der Stadt Norderstedt gibt es keine Anlage - und es wird auch in Zukunft keine geben. Die Siedlungsdichte ist zu groß, außerdem ist die Flughafennähe ein Ausschlusskriterium.
In Henstedt-Ulzburg weht nach Ansicht der Planer nur ein laues Lüftchen
Auch in Henstedt-Ulzburg werden keine Windkraftanlagen aufgestellt. Zwar standen hier schon einmal Bewerber Schlange, die Großgemeinde hätte den Bau der Anlagen entlang der Autobahn auch gerne genehmigt, aber die Landesplanung machte einen dicken Strich durch die Rechnung: Es wurden nur Gebiete als künftige Standorte ausgewiesen, in denen ein kräftiger Wind weht.
In Henstedt-Ulzburg aber weht nach den Erkenntnissen der Landesplanung höchstens ein laues Lüftchen. Das reicht offenbar nicht für eine ertragreiche Produktion von Strom. Pläne für das Ausweisen von Eignungsflächen wurden deshalb in Henstedt-Ulzburg nicht mehr verfolgt.
Warum in anderen Gebieten des Kreises Segeberg mehr Wind wehen soll, bleibt unklar, aber Kreisplaner Frank Hartmann hat nach den Wünschen vieler Orte eine Vorschlagsliste mit Gebieten zusammengestellt, in denen bis zu 150 Meter hohe Windkraftanlagen aufgebaut werden können. Dazu gehört zum Beispiel auch eine Fläche zwischen Alveslohe und Kaltenkirchen: 30 Hektar landwirtschaftliche Fläche sind dafür geeignet.
Die größte Fläche soll in Todesfelde ausgewiesen werden
Sie liegen auf der anderen Seite der Autobahn - also ziemlich genau gegenüber von Henstedt-Ulzburg. Die Landesplanung muss entscheiden, ob der Wind dort kräftiger wehr als auf der anderen Seite. Die größte zusammenhängende Fläche soll im Bereich Todesfelde ausgewiesen werden: Auf 294 Hektar könnte hier ein Windkraft-Park entstehen, wenn sich genügend Interessenten dafür finden.
Für alle vorgeschlagenen Eignungsflächen gilt: Es muss ein Mindestabstand von 800 Metern zu dichten Bebauungen bestehen, der Erholungswert des betreffenden Gebietes darf nicht beeinträchtigt werden, kein Windrad darf zu dicht an einem Wald stehen. Die Interessen des Naturschutzes und des Vogelschutzes müssen berücksichtigt werden: Vogelzuggebiete zum Beispiel eignen sich nicht für Windkraftanlagen. Ganz allgemein gilt ein dehnbarer begriff: Die Anlagen müssen in das Landschaftsbild passen.
Den Sozialdemokraten reicht der Mindestabstand von 800 Metern nicht
Der Segeberger SPD-Kreistagsfraktion reicht ein Mindestabstand von 800 Metern zur nächsten geschlossenen Bebauung nicht: Sie verweist auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo ein Minestabstand von 1500 Metern angeordnet wurde. Die Weltgesundheitsorganisation hält sogar 2000 Meter für notwendig.
Die Liste der Windkraft-Eignungsflächen wurde vom Segeberger Kreistag in der vergangenen Woche beschlossen, das letzte Wort aber hat die Landesplanung in Kiel. Dort werden auch die Vorschläge aus den anderen Kreisen Schleswig-Holsteins geprüft (Meldeschluss war der 15. November) und gegeneinander abgewogen.
Wie viele Flächen am Ende genehmigt werden, ist noch unklar
Wie stark der Kreis Segeberg dabei berücksichtigt wird, kann Kreisplaner Frank Hartmann nicht voraussagen. Vermutlich ist aber davon auszugehen, dass nicht alle beantragten Flächen auch tatsächlich genehmigt werden. Das zeigt die Erfahrung aus den vergangenen Jahren: Zuletzt hatte der Kreis im Jahre 2009 eine Vorschlagsliste mit 13 Flächen und einer Gesamtfläche von 1419 Hektar eingereicht. Tatsächlich genehmigt wurden aber nur sechs Flächen mit einer Gesamtgröße von 604 Hektar. Weite Teile davon sind allerdings bis heute noch frei von Windkraftanlagen.
Wird der Bau von Anlagen konkret und gibt es genügend Interessenten, so hat es jede Kommune über die eigene Bauleitplanung selbst in der Hand, die Standorte zu bestimmen.
Eine Anlage kostet im Durchschnitt etwa anderthalb Millionen Euro
Der Bau von Windkraftanlagen ist nicht billig. Der weltweite Durchschnittspreis für Windkraftanlagen lag im Februar 2011 bei knapp unter einer Million Euro pro Megawatt. Die bisherigen 35 Anlagen im Kreis Segeberg erbringen eine Leistung von 55 Megawatt. Daraus ergibt sich ein Einzelpreis von durchschnittlich 1,57 Millionen Euro pro Anlage.
Die Einspeisevergütungen sind in Deutschland im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschrieben. Demnach gibt es eine Grundvergütung in Höhe von 5,02 Cent pro Kilowattstunde. Zusätzlich wird für Anlagen, die vor dem 1. Januar 2014 in Betrieb gehen, noch ein Systemdienstleistungsbonus in Höhe von 0,5 Cent pro Kilowattstunde gezahlt.