Kieler Politiker nennt neue Messe “Kriegserklärung“. Carstensen sucht Hilfe in Hannover
Hamburg/Kiel. Das Verhältnis zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Nach der Ankündigung der Hamburger Messegesellschaft, ab 2014 eine eigene Windmesse auszurichten und damit der bisherigen Leitmesse in Husum Konkurrenz zu machen, setzt Schleswig-Holstein ganz auf Niedersachsen. "Unser Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Messen in Husum und Hannover weiterzuentwickeln", sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) gestern dem Abendblatt. Noch in dieser Woche will er mit Vertretern beider Messen die neue Situation erörtern. Bereits in der nächsten Woche könnte ein Bündnis gegen Hamburg stehen.
Am Vormittag hatte Hamburg seine ehrgeizigen Messepläne vorgestellt. "Die Hansestadt ist das Zentrum für die Windenergie in Europa" sagte Messechef Bernd Aufderheide. Die Hansestadt verfüge anders als Husum über 32 000 Hotelbetten, einen internationalen Flughafen und einen direkten Anschluss an das ICE-Netz. Hinter den Plänen steht der Verband VDMA Power Systems, in dem viele Unternehmen aus der Windbranche organisiert sind. Angesichts des starken Wachstums der Windenergie sei es nötig, die weltweite Leitmesse für die Branche von Husum nach Hamburg zu verlegen, bekräftigte Verbandschef Thomas Richterich.
In Schleswig-Holstein lösten die Pläne für die Hamburger Windmesse einen Sturm der Entrüstung aus, zumal die Messegesellschaft der Stadt gehört und der Senat bis hin zu Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) den Vorstoß mehr oder minder offen unterstützten. "Das kommt einer wirtschaftspolitischen Kriegserklärung gleich", sagte der SSW-Landtagsabgeordnete Lars Harms und drohte mit Vergeltung. "Wer Wind sät, wird Sturm ernten." Wenn die Politik in Hamburg dem "Kannibalismus" Vorschub leiste, dann gebe es für Schleswig-Holstein keinen Grund zur Rücksichtnahme mehr.
Hamburgs Politik sieht die Entscheidung des Branchenverbandes als Entscheidung des Marktes. Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) erklärte: "Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Verantwortlichen sich eine Fortsetzung der bisher bestehenden Kooperation beider Messegesellschaften in Husum und Hamburg wünschen und alles versuchen werden, diese auch zu erreichen." Kiels Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) stellte klar, dass die Messe in Husum nicht kampflos aufgibt. "Husum ist die Wiege der Windenergie." Viele Unternehmen fühlten sich dort wohl. In Bedrängnis sieht de Jager eher Hamburg. "Wie stark die Messe dort am Ende wirklich wird, ist heute noch nicht abzusehen."
Tatsächlich ist die neue Veranstaltung in der Branche umstritten. "Wir halten an der Messe in Husum fest", sagte der Vertriebsleiter des Weltmarktführers Vestas in Deutschland, Andreas Eichler, dem Abendblatt. Die Kombination aus Husum und Hannover, die sich jährlich als Messestandort abwechseln, habe sich bewährt. Für eine Messe in Hamburg gebe es keinen Bedarf, zumal die Veranstaltung fast zeitgleich mit der Messe in Husum im September 2014 stattfinden soll.