Am 6. November wählen die Kaltenkirchener einen neuen Bürgermeister. Wir stellen in dieser Folge Stefan Sünwoldt vor - er will zurück ins Rathaus.

Cathy muss auch aufs Foto, doch das Zwergkaninchen weigert sich. Sarahs kleiner Liebling zappelt ungeduldig. Der Rasen lockt. Cathy, Schäferhündin Justy und die Zierfische wurden in die Familie aufgenommen, als die Sünwoldts vor sechs Jahren nach Kaltenkirchen zogen. Das große Haus ist neu. Die Möbel, die Küche und der Rest der Einrichtung ebenfalls. Kaltenkirchen - das ist die neue Heimat von Stefan Sünwoldt, seiner Frau Mary und ihren drei Kindern Sarah, 8, Gina, 14, und Kevin, 15.

Dass die Stadt ein dauerhaftes Zuhause werden sollte, hatten sich die fünf vorgenommen, als Sünwoldt zum Bürgermeister gewählt wurde und mit seiner Familie von Sachsen-Anhalt ins Holsteinische zog. Dass er noch vor dem Ende seiner Amtszeit wieder abgewählt werden würde, dass er sich danach um eine Wiederwahl bewirbt - damit hatten die Sünwoldts und auch die Kaltenkirchener damals nicht gerechnet. Doch an zwei Entscheidungen haben die turbulenten Ereignisse nichts geändert: Die Sünwoldts wollen in Kaltenkirchen bleiben und zusammenhalten.

"Meine Töchter haben geweint", erzählt Stefan Sünwoldt

Im Wohnzimmer hängt ein von Kinderhänden gemaltes Bild, das eindrucksvoll zeigt, dass die Familie zusammensteht, auch wenn die Kritiker den ehemaligen Bürgermeister am liebsten wieder in die neuen Länder zurückschicken würden. Sarah und Gina hatten sich ein großes Stück Papier geholt, das kaum auf den Wohnzimmertisch passt. Es war der 9. Mai, der Tag nach der Abwahl und dem Rauswurf ihres Papas aus dem Rathaus. "Meine Töchter haben geweint", erzählt Stefan Sünwoldt. "Wir standen unter Schock." Das Bild zeigt den Vater Hand in Hand mit den Mädchen zu beiden Seiten. Mutter Mary überragt neben Sohn Kevin die Familie, obwohl sie deutlich kleiner als ihr Mann ist.

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Auch im aktuellen Wahlkampf kann Sünwoldt auf seine Familie zählen: Als der Ex-Bürgermeister beim Diskussionsabend im Bürgerhaus zum ersten Mal mit den anderen vier Kandidaten auf dem Podium stand, verteilten Kevin und Mary Sünwoldt im Foyer Flyer und Infoblätter. Sünwoldt hat für seinen dritten Wahlkampf in Kaltenkirchen dazugelernt. Sein Werbematerial und sein Internetauftritt wirken professioneller als im Bürgermeisterwahlkampf 2004 und im Abwahlkampf 2011. Selbst die Anzüge sitzen besser. "Ich nutze die Chance, die ich habe", sagt der geschasste Bürgermeister, der zurück ins Rathaus will. Und wenn es nicht klappt? "Dann bin ich frei und kann mich woanders bewerben", sagt der 50-Jährige, der Mitglied der SPD ist, aber von seiner Partei nicht nominiert wurde.

Dass die Sozialdemokraten sich für einen anderen, parteilosen Kandidaten entschieden haben, nimmt er scheinbar gelassen hin: "Das sehe ich schmerzfrei." Etliche Parteimitglieder hätten sich bereit erklärt, ihn zu unterstützen. 20 Männer und Frauen zählt er inzwischen zu seinem Unterstützerteam. Sünwoldt: "Daraus ist eine kleine Bewegung geworden." Plakatständer stellt die SPD, allerdings nicht der Kaltenkirchener Ortsverband, sondern der Quickborner. Sünwoldt ist überzeugt: "Ich kann nur gewinnen."

In dem modernen Zuhause der Sünwoldts beginnt der Tag früh. Um 5.45 Uhr klingelt Stefan Sünwoldts Wecker. Um 6 Uhr geht er für 20 Minuten joggen, Hündin Justy muss mit. Danach bringt er Gina zur Bahn, die in Hamburg die Brechtschule besucht. Um 7 Uhr muss Sarah aufstehen. Sünwoldt fährt sie zur Schule. Erst um 8.40 Uhr stehen sein Frühstück und die Lektüre der regionalen Zeitungen auf dem Programm. Sünwoldts Tagesablauf verläuft in einem strengen Takt, obwohl er sich im zeitweiligen Ruhestand befindet. Seine Frau Mary arbeitet in ihrer Praxis für Physiotherapie und Wellness, die sich ebenfalls in dem Haus befindet.

In den letzten Wochen ist im Leben des Hausmanns der Wahlkampf hinzugekommen: Telefonate, Korrespondenz und nachmittags Sünwoldts Wahlkampftour. Er geht von Haustür zu Haustür und wirbt um Stimmen. Auch seine Unterstützer sind in der Stadt unterwegs. "Das ist allein nicht zu schaffen", hat er festgestellt. Nur einmal habe ihn ein Kaltenkirchener die Tür vor der Nase zugeknallt. "Einmal in drei Monaten", sagt Sünwoldt und klingt erleichtert, dass ihn der heftige, manchmal persönliche Streit mit den Politikern während seiner Amtszeit nicht in mehr Haushalten zur unerwünschten Person gemacht hat. Offenbar sind mehr Kaltenkirchener als gedacht Sünwoldts Ansicht: "Meine Jahre im Rathaus waren nicht des Teufels. Die Stadt hat sich positiv weiterbewegt."

Doch dem Kandidaten ist auch klar, dass manche alten Konflikte nicht vergessen sind und kurz vor dem Wahltermin noch einmal an die Öffentlichkeit gezerrt werden, um ihm zu schaden und sein Image zu ramponieren. "Ich rechne fest damit, dass noch einmal mit Dreck geworfen wird", sagt Sünwoldt. "Es gibt Leute, die mich tatsächlich hassen." Mancher schaue auf der Straße zur Seite, um den Ex-Bürgermeister nicht grüßen zu müssen.

Nicht der Bürgermeister, sondern der Streit sei abgewählt worden

Die Menschen aus der Politik, die ihn öffentlich am schärfsten kritisiert haben, zählt Sünwoldt jedoch nicht zu denjenigen, die ihn als Unperson betrachten. So könne er sich beispielsweise vorstellen, mit den Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP, Kurt Barkowsky und Eberhard Bohn, gut zusammenzuarbeiten, wenn der Bürgermeister wieder Sünwoldt heißt. Nicht der Bürgermeister sei abgewählt worden, sondern der Streit, lautet Sünwoldts Analyse.

Und womit beschäftigt sich der Kandidat, der sein verlorenes Amt zurückerobern will, wenn er sich nicht um seine Familie und seinen Wahlkampf kümmert? Vor Kurzem hat er das neueste Buch von Helmut Schmidt gelesen. Er verpasst keinen Star-Trek-Film. Darüber hinaus ist Sünwoldt froh, dass ihm wenigstens täglich die Zeit fürs Joggen bleibt: "Das gibt Kraft."

www.stefan-suenwoldt.de