Wasser, Hopfen, Malz - mehr braucht es nicht für ein gutes Bier. Eine Zutat wächst auch auf Segebergs Feldern
Wiemersdorf. Strohgelb liegt das Feld in der Sonne. Die Ähren haben sich dem sanften Wind ergeben, der übers Land weht. Noch wenige Tage, dann kann Landwirt Claus-Wilhelm Steffens aus Wiemersdorf aufs Feld. Dann kann die Gerste runter. Es ist eine ganz besondere Sorte, die auf dem drei Hektar großen Feld wächst: Der Eiweißgehalt ist im besten Fall geringer als bei normaler Futtergerste. Deshalb eignet sich diese Sorte ganz besonders für eines: Das Brauen von Bier.
Würde Steffens in diesem Jahr einen Durchschnittsertrag erwirtschaften, könnten mit der Braugerste von seinem Feld immerhin 75 000 Liter Bier entstehen! 200 Gramm Getreide benötigt man für einen Liter Bier, im Schnitt gibt ein Hektar fünf Tonnen Gerste. Sie wird in Mälzereien in einem aufwendigen Prozess zu Malz gemacht. Bei dem Vorgang entstehen Enzyme, die später beim Maischen und Gären von Bedeutung sind. Um einheitliche Qualitäten für die Bierproduzenten sicherzustellen, geben die Mälzereien die Sorten vor, denn eine Biermarke soll ja immer gleich schmecken.
Im Kreis Segeberg gibt es noch etwa 50 Landwirte, die Braugerste anbauen - vor allem im Nordwesten des Kreises, um Kleinkummerfeld herum, dort sind die Böden besonders leicht und sandig. Das hat die Braugerste besonders gern, sagt Hans Helmut Bredenbeck, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft für Braugerste in der HaGe Kellinghusen.
Vom Feld geht das Segeberger Korn vorwiegend in die Tivoli-Mälzerei in Hamburg. Von dort "fließt" sie vor allem in regionale Biersorten: Holsten beziehungsweise die Carlsberg-Gruppe sei der größte Abnehmer, dazu gehören aber auch die Flensburger Brauerei und viele kleinere Unternehmen aus ganz Schleswig-Holstein, die Bier produzieren. "Allerdings hat auch hier die Globalisierung eingesetzt, Brauereien beziehen ihre Rohstoffe mittlerweile auch aus Ländern wie Frankreich, Dänemark oder England. Sie sind nicht mehr allein auf unsere Gerste angewiesen", sagt Hans Helmut Bredenbeck.
Die Zeiten, in denen der Anbau von Braugerste noch sehr lukrativ war, sind vorbei. Vor allem auch deshalb, weil immer mehr Landwirte auf Maisproduktion für Biogasanlagen umgestellt haben: Der Anbau sei weniger aufwendig und bringe wesentlich mehr finanziellen Ertrag. Im Schnitt gebe es 1000 Euro pro Hektar. Bei Braugerste sind das aktuell bei guter Qualität lediglich 650 Euro, sagt Oliver Stoffmehl, der bei der HaGe Kellinghusen für die Vermarktung der Braugerste zuständig ist.
Bei der Gerste komme außerdem das sogenannte Proteinrisiko dazu. Damit sie sich zur Malzverarbeitung eignet, darf der Proteingehalt des Korns nicht höher als 11,5 Prozent sein. Ansonsten muss es zu Futtergerste verarbeitet werden - und für die gibt es weniger Geld.
So ist die Fläche, auf der Braugerste angebaut wird, rapide geschrumpft, sagt Stoffmehl. Noch vor drei, vier Jahren ernteten die schleswig-holsteinischen Landwirte auf 20 000 Hektar für die Bierproduktion. "Heute sind es nur noch gut 5000 Hektar", sagt Oliver Stoffmehl.
Auch Landwirt Claus-Wilhelm Steffens hat "wegen des Preisverfalls" in Sachen Braugerste weiter reduziert: Im vergangenen Jahr hatte er noch zwölf statt wie jetzt nur drei Hektar angebaut.