Schon als kleiner Junge hat Michael Peter die Salmiak-Pastillen geliebt. Vor drei Jahren kaufte er das Sievershüttener Unternehmen
Sievershütten. Das unscheinbare Gebäude an der Holstenstraße in Sievershütten umweht ein süßlicher Hauch von Lakritz. Der Duft steigt in die Nase, sobald man sich nähert, hinter der Eingangstür wird er stärker, im Produktionsraum beißend. Unangenehm aber ist er nicht. Wer Salmiakpastillen mag, kann dem Duft ohnehin nicht widerstehen: Hier werden täglich 1000 Kilogramm dieser rautenförmigen Pastillen hergestellt. Unter dem Namen "Salmix" kommen sie in die Apotheken, "Halfa" heißen sie bei einem der führenden deutschen Drogeriemärkte. Und das seit 61 Jahren.
Michael Peter steht im kleinen Produktionsraum und freut sich wie ein Schneekönig: Der Hamburger Pharmaunternehmer hat das insolvente Unternehmen 2007 gekauft. Eine Million Euro musste er investieren - bis heute hat er es nicht bereut. "Als kleiner Junge habe ich mir diese Salmis auf den Handrücken geklebt, heute gehört mir die Firma, das ist doch toll."
"Sechsmal war ich vielleicht hier, häufiger wohl nicht"
Oft ist er nicht in Sievershütten, weil er hier eine Crew und Geschäftsführer Stefan Pawel hat, auf die er sich verlassen kann. Michael Peter überlegt. "Sechsmal war ich vielleicht hier, häufiger wohl nicht." Aber er hat dafür gesorgt, dass die alten Maschinen wieder blitzweiß blinken, dass Absaugeinrichtungen eingebaut wurden, und überhaupt alles wieder seinen geregelten Gang geht. Eine neue Maschine, die den Salmiteig walzt und in Streifen schneidet, macht viel mühselige Handarbeit überflüssig.
Michael Peter geht temperamentvoll in seinem Betrieb umher, nascht hier und da ein paar Salmiakpastillen und findet sie immer noch köstlich. Braungebrannt ist er, schlank und drahtig. Das Haar modisch geschnitten, das Sakko sitzt perfekt, der Schal ist lässig um den Hals geschlungen - ein Mann, der mit seinen 67 Jahren immer noch mitten im Leben steht und es genießt.
Vorgefahren ist er mit einem Bentley, der ungefähr 20 Jahre auf dem Buckel hat. In Sievershütten erregt er mit einem solchen Auto Aufsehen. Zufrieden ist er mit diesem Wagen allerdings nicht: Eigentlich kutschiert der Unternehmer mit einem neuen Bentley-Cabrio durch die Gegend, den aber hat sich sein alter Freund Bernd Herzsprung, der Schauspieler, kurzfristig und ohne lange zu fragen für einen Trip mit seiner Mutter nach Sylt ausgeliehen. Herzsprung, ein alter Fußballkumpel aus Jugendtagen, gehörte zu den Gästen der Salmix-Jubiläumsfeier "60 + 1 Jahr" am vergangenen Wochenende. Peter selbst lieh sich den alten Bentley von einem anderen Freund.
So ist es im Leben von Michael Peter - man kennt sich, trifft sich, hat gute Beziehungen. Der neue Bentley ist ein Geschenk, das er sich selbst gemacht hat. Ein Geschenk zur Wiedergeburt. Denn vor einem Jahr noch lag er todkrank und geschwächt von mehreren Chemotherapien im Krankenhaus. Lymphdrüsenkrebs lautete die fatale Diagnose. Aber er hat sich wieder aufgerappelt - die Erholungskur im eigenen Strandhaus auf einer der kanarischen Inseln hat zum Genesungsprozess beigetragen. Jetzt geht er wieder schwungvoll durchs Leben und führt zusammen mit seiner Frau, die er vor 35 Jahren geheiratet hat, seine fünf Firmen vom Stammsitz am Tarpenring an der Grenze zwischen Norderstedt und Langenhorn. Canea Pharma stellt im Firmenverbund Arzneimittel, Hygieneartikel und Wellnessprodukte her. Peter ist Alleininhaber und lebt von seinen Ideen, die von bekannten Ärzten und Wissenschaftlern verfeinert werden. Produziert wird im eigenen Haus, beliefert werden Apotheken. Das Geschäft floriert offenbar. Mit knapp 40 Mitarbeitern behauptet er sich immerhin gegen die mächtige Pharmaindustrie. Zum Beispiel auch mit so skurrilen, aber wirksamen Mitteln wie eine Creme, die gleichzeitig als Sonnen- und als Quallenschutz fungiert. Darauf muss erst mal jemand kommen. Peters verdient damit viel Geld.
Das Temperament und die Lebenslust des Firmenchefs sind überbordend, aber hilfreich. Golf spielen geht er gelegentlich mit Fritz Wüpper, der wiederum einst als Werbefigur für eines der Peter-Produkte aufgetreten ist und dabei nicht unerheblich verdient hat. Noch heute lässt sich Wepper gerne Hygieneartikel aus dem Hause Pharma-Peter schenken. "Wepper hat einen Audi, der über 300 Stundenkilometer fährt, aber mein Bentley wird von den Leuten mehr bestaunt", sagt Michael Peter, der sich diebisch darüber freuen kann, dass sein Wagen manchmal sogar für mehr Aufmerksamkeit sorgt als der prominente Golfpartner selbst. Für die PR ist ein ehemaliger Chefredakteur des Bauer-Verlages zuständig. Auch das ist also gut geregelt.
Im kleinen Salmix-Labor werden auch neue Produkte zusammengestellt
Das Salmix-Jubiläum "60 + 1" hatte für Michael Peter also eine ganz besondere Bedeutung. Das Leben hat ihn wieder - es darf auch ausgelassen und ein bisschen mondän gefeiert werden. Klaus Baumgarten ("Klaus & Klaus") hatte extra dafür den Lakritz-Song nach der Melodie seines Gassenhauers "An der Nordseeküste" geschrieben, Fritz Wepper, Marie-Luise Marjan und Caroline Beil gratulierten telefonisch. Dafür waren rund 200 Apotheker aus Norddeutschland zu Gast - und Freund Bernd Herzsprung, der gleichfalls eine schwere Krankheit überstanden hat.
Seit 1949 gibt es Salmix und ist längst eine Institution geworden. Eine Million Umsatz macht das Unternehmen jährlich - Tendenz steigend. Denn Michael Peter hat extra einen Mann eingestellt, der weitere Märkte erschließen soll.
In Süddeutschland zum Beispiel. Einfach ist das nicht. "Die haben da einen ganz anderen Geschmack als die Norddeutschen." Die Menschen in den skandinavischen Ländern sind aber Lakritz-tauglich. Dort ist nach Ansicht des Firmeninhabers noch einiges zu holen. Im kleinen Salmix-Labor neben dem Produktionsraum werden auch neue Produkte zusammengestellt. Zum Beispiel Salmis mit dunkler Schokolade ummantelt - das könnte sogar den Massengeschmack treffen. An einer Massenproduktion allerdings ist Peter gar nicht interessiert. Das ließe sich im kleinen Sievershütten mit dem dezenten Maschinenpark und der Mini-Belegschaft wohl auch kaum bewerkstelligen.