Ressortchefs fürchten, dass Restaurants an den Pranger geraten. Damit wandten sie sich gegen ihren eigenen Verbraucherschutzminister.
Plön. Die Pläne für eine Hygiene-Plakette an allen Restaurants haben einen empfindlichen Rückschlag erlitten. Die Wirtschaftsminister der Länder lehnten auf einer Konferenz im Schloss Plön die Einführung der Ampelplakette - mit den Farben Rot, Gelb und Grün je nach Sauberkeit - mehrheitlich ab und wandten sich damit gegen ihre eigenen Verbraucherschutzminister. Die hatten vor gut drei Wochen eine Hygiene-Ampel gefordert.
"Eine solche Ampel hat eine Prangerwirkung" und könnte einzelnen Betrieben einen erheblichen Schaden zufügen, warnte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) zum Abschluss der zweitägigen Konferenz. Der Anti-Ampel-Beschluss war im Schloss umstritten. "Ich bin für eine Plakettenlösung nach dänischem Vorbild mit Smiley", sagte die neue rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), die von einigen Ländern unterstützt wurde. Die Verbraucher hätten einen Anspruch darauf, dass Restaurants nicht nur bei der Hygiene Farbe bekennen. "Es ist bedauerlich, dass es auf den Speisekarten keinen näheren Angaben zu den Produkten gibt." Dasselbe gelte für Geschäfte. "Ich weiß, wovon ich rede, weil ich regelmäßig einkaufen gehe", sagte die Mutter von vier Kindern, die in Hamburg aufwuchs.
Umstritten blieb im Schloss auch die vom Bund eingeleitete Energiewende. Die Gesetzesvorlagen hätten "heute hier keine Mehrheit bekommen", bemängelte Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP). "Wir befürchten, dass handwerkliche Fehler gemacht wurden", ergänzte Lemke. Die Kritik am Bund konnte in Plön aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Länder bei der Energiewende untereinander über Kreuz liegen und in zentralen Fragen wie dem Ausbau der Stromnetze keine gemeinsame Linie fanden.
"Wir müssen die Netze schnell ausbauen", sagte de Jager. Dazu sei es notwendig, dass der Bund für neue große Nord-Süd-Stromautobahnen Korridore festlege und eine "zentrale Stelle" die Planungen für mehrere Bundesländer koordiniere. "Ein Netzbetreiber hat dann nur einen Ansprechpartner." Diese Rolle könne auch der Bund übernehmen. In Plön fiel dieser Vorstoß durch. Wie andere Minister bestand Lemke darauf, dass die Länder bei den Trassenplanungen das letzte Wort behalten. Damit die Energiewende nicht gleich am Anfang scheitert, wollen Bund und Länder noch in diesem Monat einen Kompromiss ausloten.
Zuspruch bekam die erste grüne Wirtschaftsministerin auch im Streit um die Windkraft. Rheinland-Pfalz und andere Binnenländer wehren sich dagegen, dass der Bund die Förderung von Windanlagen an Land (Onshore) beschneiden und die von Windparks auf See (Offshore) ausbauen will. "Wir setzen in Rheinland-Pfalz auf Onshore, weil mittelständische Unternehmen etwas davon haben sollen", sagte Lemke. Große Offshore-Parks würden sich vor allem für die Energiekonzerne auszahlen. "Wir müssen deshalb genau prüfen, ob wir wirklich alle Offshore-Parks brauchen." De Jager und Bode lehnten Abstriche am Offshore-Konzept entschieden ab. Die Windparks sollen vor den Küsten Schleswig-Holsteins und Niedersachsens entstehen.
Lemke ließ sich nicht bremsen. Sie will Rheinland-Pfalz zum Musterland für erneuerbare Energie machen, spätestens 2030 den gesamten Stromverbrauch aus Öko-Quellen decken. Unterstützt wird Lemke auch von den "Promis" in ihrer Familie. Vater Dietrich war Chef der GEW in Hamburg, Onkel Willi managte Werder und war in Bremen Schulsenator.