Die Polizei Hannover nutzt das soziale Netzwerk für ihre Ermittlungen. Nun wird dort mit einem Foto nach einem vermissten Jungen gesucht.
Hannover. Bei Facebook geht es um weit mehr als Freunde im Internet zu treffen: Das soziale Netzwerk wird zunehmend von Behörden genutzt. Die Polizei in der niedersächsischen Landeshauptstadt nutzt die Plattform, um nach jungen Vermissten zu suchen.
Die Polizei Hannover setzt als eine der ersten bundesweit bei ihren Ermittlungen jetzt auf das soziale Netzwerk Facebook als Multiplikator. Vor knapp zwei Wochen wurde dort erstmals die Suche nach einer seit Monaten vermissten jungen Türkin veröffentlicht, seit Beginn dieser Woche wird nun mit einem Foto nach einem verschwundenen 15-Jährigen Jungen aus der Landeshauptstadt gesucht. Der 15-jährige Tobias, der bei seiner Mutter lebt, wird seit Dienstag vergangener Woche vermisst. Nach Angaben der Polizei ist es wahrscheinlich, dass sein Verschwinden familiäre Gründe hat. Man könne allerdings bei einem Minderjährigen nie ausschließen, dass ihm etwas passiert sei. „Im Moment wird das persönliche Umfeld des Jungen abgeklopft“, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch.
„Im Fall der vermissten Türkin sind nach unserem Facebook-Aufruf einige weitere Hinweise eingegangen, eine heiße Spur ist aber nicht dabei gewesen“, sagte der Sprecher der Polizeidirektion Hannover, Stefan Wittke. Trotzdem betont er: „Ich bin überzeugt, dass irgendwann der erste Fall mit Hilfe einer Facebook-Suche aufgeklärt werden kann, das ist nur eine Frage der Zeit. Wir können dieses Feld nicht nur den Tätern überlassen.“ Noch experimentiert die Polizei Hannover mit der Nutzung des sozialen Netzwerkes – so ist es beispielsweise bisher nicht möglich, Fan oder Freund der Polizei bei Facebook zu werden. Teile der Community kritisieren dies allerdings als unprofessionellen Auftritt. „Wir bekommen jede Menge Ratschläge aus der Facebook-Gemeinde und jede Menge gute Wünsche“, sagte Sprecher Wittke.
Nach Angaben des Polizeisprechers soll mit der Blockade dieser Funktionen verhindert werden, dass die Beamten mit mehr oder weniger relevanten Nachrichten per Internet überschwemmt werden. In Gummersbach hatte eine bei Facebook veröffentlichte Vermisstenanzeige eines besorgten Familienvaters die Arbeit der Polizei kürzlich tagelang lahmgelegt. Der Suchaufruf mit dem Foto der jungen Türkin aus Burgwedel wurde etwa 8000 Mal von Facebook-Nutzern auf die eigene Seite übernommen. „Wenn man davon ausgeht, dass jeder 100 Freunde hat, dann wird das von rund 800.000 Leuten gesehen“, rechnete der Polizeisprecher hoch. Zunächst sollen die Aktivitäten der hannoverschen Polizei als Modellversuch für sechs Monate auf Facebook beschränkt bleiben, weil es das größte soziale Netzwerk ist – weder StudiVZ noch Twitter werden bisher bedient, dennoch sei es nicht ausgeschlossen, in Einzelfällen auch diese Netzwerke zu nutzen. Ein Zeugenaufruf macht auch nicht in jedem Fall Sinn – bei der Suche nach jungen Menschen oder bei Fällen mit überregionalem Interesse verspricht sich die Polizei aber einiges davon. „Es könnte aber auch ein Foto aus einer Überwachungskamera nach einem Banküberfall sein, das wir dort einstellen“, sagte der Polizeisprecher. (dpa)