Greenpeace: Behördenplan nennt 408 mögliche deutsche Standorte - darunter Hamburg

Hamburg. Seit Jahren ist über die genauen Standorte spekuliert worden - jetzt gibt es erstmals Klarheit: Die Umweltschutzorganisation Greenpeace ist gestern mit einer bisher geheimen Deutschlandkarte über mögliche Standorte für die geplante Endlagerung von Kohlendioxid (CO2) an die Öffentlichkeit gegangen. Die Karte der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) listet 408 Standorte auf, die geologisch als unterirdische CO2-Speicher infrage kommen.

Danach ist aus Sicht der Geologen vor allem der norddeutsche Raum für die CO2-Speicherung geeignet. Neben Berlin, etlichen Gemeinden in Schleswig-Holstein und Niedersachsen werden ausdrücklich auch Hamburg-Billstedt und Wedel genannt.

Der Hintergrund: Mit der sogenannten CCS-Methode (Carbon Capture and Storage) wollen Energiekonzerne das Treibhausgas CO2, das beim Betrieb von Kohlekraftwerken entsteht, unterirdisch speichern. Gegenwärtig ist das Verfahren noch im Entwicklungsstadium; es existieren nur Pilotanlagen mit geringer Kapazität. Bis im großen Stil das klimaschädliche Kohlendioxid aus den Abgasen der Kraftwerke herausgefiltert und gespeichert werden kann, werden noch mehrere Jahre vergehen. Doch Probebohrungen für CCS-Anlagen haben bereits zu massiven Bürgerprotesten geführt. Auch in Norddeutschland wächst der Widerstand: "Wir stehen dem kritisch gegenüber", sagte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) dem Abendblatt. Er pocht auf ein "starkes Mitspracherecht" des Landes bei Standortentscheidungen der CO2-Speicherung. Ähnlich äußerte sich auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), dessen Land seit Jahren als einer der Top-Standorte für unterirdische CO2-Speicher gilt: "Hier wird es gegen den Willen der Bevölkerung keine CO2-Endlager geben", sagte er dem Abendblatt. Auch in Hamburg herrscht Skepsis vor. "Wir werden uns jetzt erst einmal anschauen, ob der Standort Hamburg-Billstedt überhaupt die Kriterien für die CO2-Lagerung erfüllt", sagte Volker Dumann, Sprecher der Hamburgischen Umweltbehörde.

Greenpeace will mit der Veröffentlichung der bislang geheimen Kataster die Bevölkerung über die Regierungspläne informieren. Demnächst soll der Gesetzentwurf zur CO2-Abtrennung und -Speicherung ins Kabinett eingebracht werden. Die Bundesregierung strebt eine CO2-Reduzierung bis 2050 von 85 bis 90 Prozent gegenüber 1990 an. Braun- und Steinkohlekraftwerke können aber ohne CO2-Ausstoß keinen Strom produzieren. Will man auf diese Form der Energieerzeugung nicht verzichten, muss eine andere Lösung her. Eine bieten die CCS-Technologien. Mit deren Hilfe wird das durch die Verbrennung von Kohle entstehende Kohlendioxid gesammelt, verpresst und schließlich im Boden in 800 bis 1000 Metern Tiefe endgelagert.

Greenpeace lehnt das vorliegende CCS-Gesetz ab. "Das Gas muss länger als 10 000 Jahre unter der Erde verwahrt bleiben. Der Gesetzentwurf wird dieser Notwendigkeit nicht gerecht", sagt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. Als wahrscheinlich stuft die Umweltorganisation die Gefahr ein, dass CO2 aus Leckagen im Gestein wieder austritt. "Vor allem in Städten kann das lebensgefährlich werden", sagt Karsten Smid.