Nach den fünf neuen Bränden auf Sylt hat die Polizei einen mutmaßlichen Brandstifter festgenommen. Ein Dreizehnjähriger wird zum Retter.
Westerland. Sylt atmet vorsichtig auf. Nach der erneuten Brandserie auf der beliebten Ferieninsel Sylt in der Nacht zum Sonnabend haben Polizeibeamte einen 46-jährigen Tatverdächtigen festgenommen. In der Nähe eines Tatorts stellten die Beamten den Verdächtigen. Der Mann wird derzeit verhört. Ob der Mann für die Brände verantwortlich ist und ob es eine Verbindung zu den bisherigen Bränden gibt, wollte die Polizei bisher noch nicht mitteilen. Die Polizei hüllt sich in Schweigen, auch aus ermittlungstaktischen Gründen.
„Ich bin erleichtert“, sagte die Bürgermeisterin der Gemeinde Sylt , Petra Reiber. „Hundert Prozent sicher fühle ich mich aber noch nicht.“ Falls sich herausstellen sollte, dass der Mann auch die anderen Brände gelegt hat, wäre sie froh: „Weil man dann endlich Ruhe hat.“
Der Zeitpunkt, völlige Entwarnung zu geben, ist noch nicht gekommen. „Ich rate den Bürgern, weiterhin wachsam zu sein und die Sicherheitsempfehlungen der Polizei zu befolgen“, sagte Reiber. Dazu gehört unter anderem, Fenster, Türen und sämtliche Nebengebäude abzusperren, gleichzeitig jedoch Flucht- und Rettungswege freizuhalten.
+++ Bilder der Löscharbeiten auf Sylt +++
Die Kripobeamten sind sich bislang nur sicher, dem 46-Jährigen die Brandstiftungen aus der Nacht beweisen zu können. Die Feuerwehren der Insel wurden in den vergangenen Tagen unter anderem zu einem Hotel, zur Volkshochschule „Akademie am Meer“ sowie mehrfach zu einem Pflegeheim gerufen. Sie mussten mehr als 400 Menschen vor Flammen und Rauch in Sicherheit bringen. Bislang wurden sieben Menschen verletzt.
Dass der mutmaßliche Täter mit seinem Zündeln in der Nacht zum Sonnabend nicht Schlimmeres, vielleicht sogar Verletzte oder Tote verursachte, ist einem Schüler aus dem Rheinland zu verdanken: Andreas Reuß macht zurzeit mit seinen Eltern Karin und Stephan Urlaub auf der Insel und ist der Held der Feuernacht. Der 13-Jährige hockte noch um 0.230 Uhr vor dem Fernseher, als er plötzlich Rauch in dem Reetdachhaus roch.
Zuhause im nordrhein-westfälischen Alfter bei Bonn verbringt der Junge seine Freizeit am liebsten bei der Jugendfeuerwehr. Dort übt er jeden zweiten Mittwoch mit einem Dutzend Freunden, wie man sich bei Feuer verhält. Er musste keine wertvollen Sekunden mit Überlegungen vergeuden, was zu tun sei: Ohne Zögern rannte er los, um seine Eltern und die anderen Hausbewohner zu wecken: Alle konnten sich rechtzeitig und unverletzt in Sicherheit bringen.
„Mit seiner Geistesgegenwart hat er sich, seinen Eltern und den anderen Bewohnern das Leben gerettet“, lobte Nordfrieslands Kreisbrandmeister Christian Albertsen den 13-Jährigen: Ein Reetdach zu löschen sei nämlich unheimlich schwer. Ohne die schnelle Reaktion des Jungen wäre das Haus niedergebrannt, ist sich Albertsen sicher: „Das war schon klasse.“ So zeugten jedoch am Morgen nur noch heruntergerissenes Stroh vom Dach und eine ausgehängte Gartenpforte von dem feigen Brandanschlag.
Letztendlich konnte durch das schnelle Reagieren des Jungen auch noch der Brandstifter gestellt werden, bevor er erneut zuschlagen konnte. Als bei der Feuerwehr um 2:30 Uhr der Alarm einging, war der 46-Jährige erst wenige Meter vom Tatort entfernt. Ganz kurz versuchte er, wegzulaufen, aber die Beamten waren schneller, schilderte Polizeisprecherin Kristin Stielow die dramatische Situation: „Er gab dann sofort auf und ließ sich widerstandslos festnehmen.“ Um 2:33 Uhr war die Flucht zu Ende und Handschellen klickten um seine Gelenke.
Einen letzter Brand, der erst sieben Minuten nach der Festnahme entdeckt wurde, werfen die Ermittler dem 46-Jährigen ebenfalls vor: „Meist dauert es einige Zeit, bis sich kleine Flämmchen zu einem gut sichtbaren Feuer entwickeln“, erklärte Stielow.