Den musikalischen Festspiel-Auftakt bildete die Uraufführung der Oper “Orfeo - Love will tear us apart“ des Regisseurs Alexander Charim.

Hannover. Er wird als interessante, radikale und polarisierende Persönlichkeit betitelt. Nun zieht es den Theater- und Filmregisseur Christoph Schlingensief mit seinem Projekt „Remdoogo - Das Operndorf“ nach Hannover. Anlässlich der ersten Kunstfestspiele Herrenhausen präsentiert der Aktionskünstler von diesem Freitag an ein Modell seines beeindruckenden Bauvorhabens in Burkina Faso in den Herrenhäuser Gärten.

Zum Auftakt der 24-tägigen Festspiele ist nicht nur ein Teilnachbau des Projekts zu sehen. Ein Film soll darstellen, wie es um das Bauvorhaben in dem westafrikanischen Land bestellt ist. Schlingensief selber sagte seine Teilnahme kurzfristig ab, weil er zur Unterstützung der Arbeiten an seinem Projekt nach Burkina Faso reisen wollte.

Den musikalischen Festspiel-Auftakt bildete die Uraufführung der Oper „Orfeo - Love will tear us apart“, gestaltet von dem Regisseur Alexander Charim und dem Ensemble Kaleidoskop unter der Leitung von Olof Boman. Charim kombinierte Claudio Monteverdis Oper „L'Orfeo“ mit musikalischen Elementen und Texten des verstorbenen „Nirvana“-Frontsängers Kurt Cobain (1967-1994).

Mit Spannung wurde Schlingensiefs Installation lange im Vorfeld erwartet. Im vergangenen Februar hatte der 49-jährige, an Krebs erkrankte Regisseur den Grundstein für sein „Operndorf“ in Burkina Faso nahe der Hauptstadt Ouagadougou gelegt.

Seit vergangenen Februar entsteht dort in Westafrika ein Komplex unter anderem mit Schulen, Film- und Musikklassen, Siedlungen und Krankenstation. Die Installation in Hannover vermittelt einen Eindruck, was der Hintergrund des Projekts in Afrika ist. Es ist ein Kunstprojekt, das Welten verbinden sowie Kunst und Leben in eine neue Beziehung zueinander setzen soll.

Es sollen Bedingungen geschaffen gewerden, durch die in einem der finanziell ärmsten Länder der Welt, Ausbildung und Kunstproduktion, vor allem für junge Menschen möglich werden. Sieben- bis siebzehnjährige Kinder sollen dort etwa schreiben, lesen und rechnen. Sie sollen auch Kameras und Instrumente erhalten und dann lernen, wie die Geräte funktionieren.

Der von seinem Amt überraschend zurückgetretene Bundespräsident Horst Köhler hatte eigentlich für die kommende Woche einen Besuch des „Operndorfes“ in Burkina Faso geplant. Dass er nun nicht mehr kommt, nimmt Schlingensief gelassen: “Es ist ein Aberglaube, dass das Operndorf erst gesegnet ist, wenn ein deutscher Politiker oder der Papst ihren Segen dazu geben, ganz im Gegenteil, es läuft alles super“, sagte Schlingensief.

Die Kunstfestspiele bieten in den kommenden Wochen aber über die Installation hinaus eine breitgefächertes Programm. Unter dem Festspiel-Motto „Die Macht der Spiele“ singen, spielen, diskutieren zahlreiche Künstler auf 40 Veranstaltungen. So haben die Besucher die Gelegenheit vier exklusiv neu entwickelte Performances von Roman Signer in „Tisch und Kajak - Skulpturale Ereignisse“ live zu erleben. Signer war bereits auf der Biennale in Venedig und auf der Documenta 8 in Kassel mit seinen Kunstwerken vertreten.

Die Kunstfestspiele bilden ein weiteres Highlight an Kulturveranstaltungen in den Herrenhäuser Gärten. Sie gehören zu eines der bekanntesten Wahrzeichen Hannovers. 465 000 Besucher sahen sich 2009 nicht nur den Barockgarten an. Musicals, Theateraufführungen, das beliebte „Kleine Fest im Großen Garten“ sowie der internationale Feuerwerkswettbewerb ziehen Publikum aus ganz Deutschland und dem Ausland an. Zudem soll das historische Stadtschloss in den Herrenhäuser Gärten wieder aufgebaut werden.