Nach seinem Rücktritt als Bundespräsident wird Horst Köhler das im Bau befindliche Operndorf von Schlingensief in Burkina Faso nicht besuchen.
Berlin/Hannover. Für den Theaterregisseur Christoph Schlingensief (49) steht ein Erfolg seines Operndorf-Projektes im afrikanischen Burkina Faso „auch ohne Horst Köhler oder andere deutsche Politiker“ außer Frage.
Der von seinem Amt überraschend zurückgetretene Bundespräsident Köhler hatte am 9. Juni auf der Reise zur Eröffnung der Fußball-WM in Südafrika einen Besuch des „Operndorfes“ in Burkina Faso geplant.
„Natürlich geht das Operndorf weiter, ohne Frage. Es ist ein Aberglaube, dass das Operndorf erst gesegnet ist, wenn ein deutscher Politiker oder der Papst ihren Segen dazu geben, ganz im Gegenteil, es läuft alles super“, sagte Schlingensief am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa dazu. In Hannover werden am Freitag ein Modell und Filme zum Schlingensief-Projekt „Remdoogo – Das Operndorf“ zum Auftakt der Kunstspiele Herrenhausen präsentiert.
Natürlich habe er sich über die Unterstützung des damaligen Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD) und des Bundespräsidenten gefreut, „aber wir machen das Projekt nicht für die deutschen Politiker“, betonte Schlingensief, der sich am gleichen Tag von seinem Feriendomizil auf den Weg nach Burkina Faso machte.
Verständlicherweise habe es in Burkina Faso nach der Absage Köhlers „einige Verunsicherung“ gegeben, deswegen wolle er auch sofort vor Ort sein. Dort werde er auch Gespräche mit den Organisatoren und mit Politikern in der Hauptstadt Ouagadougou führen. Danach fliegt Schlingensief nach Wien weiter, wo er mit den Proben für sein Opernprojekt „Via Intolleranza II“ beginnt, das nach Brüssel und Hamburg vom 12. bis 14. Juni im Burgtheater und danach noch in der Bayerischen Staatsoper in München (24.-27. Juni) gastiert.
Der 49-jährige, an Krebs erkrankte Berliner Film- und Theaterregisseur („Das deutsche Kettensägenmassaker“) hatte im vergangenen Februar den Grundstein für sein „Operndorf“ in Burkina Faso nahe der Hauptstadt Ouagadougou gelegt. Die Bauten mit Werkstätten, Veranstaltungs- und Schulräumen für Musik- und Filmunterricht sowie Theateraufführungen und medizinischen Einrichtungen wurden von dem einheimischen Architekten Francis Kere entworfen.
Nach den Worten Schlingensiefs, der 2004 sein spektakuläres Operndebüt mit Richard Wagners „Parsifal“ bei den Bayreuther Festspielen gab, soll es sich bei seinem neuen Projekt nicht um ein „abgehobenes Anti-Bayreuth“ gehen. Vielmehr sei es eine seine Inszenierungen „begleitende Forschungsarbeit“, die den Versuch unternehme, „Schritt für Schritt zu begreifen, warum wir ständig dem afrikanischen Kontinent helfen wollen, obwohl wir uns selber schon lange nicht mehr helfen können“.
Das Projekt wurde auch von Köhler, dem Goethe-Institut sowie Prominenten wie dem Sänger Herbert Grönemeyer und dem Schriftsteller Henning Mankell unterstützt. Schlingensief, der kürzlich überraschend auch für die Gestaltung des deutschen Pavillons bei der Kunstbiennale Venedig 2011 berufen wurde, eröffnet am 3. Oktober die neue Ausweichspielstätte der Berliner Staatsoper im Schillertheater mit der Uraufführung „Metanoia - über das Denken hinaus“ von dem Komponisten Jens Joneleit unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim.