Alkersum/Föhr. Das Meer ist eine Urgewalt. Wunderschön, aber auch bedrohlich, unvorhersehbar. Die körnigen Schwarz-Weiß-Kontraste in den Bildern der dänischen Fotografin Kirsten Klein erzählen von der ungezähmten Natur der Meereslandschaften. Brandung schäumt, Felsgruppen vor Norwegen formen Strukturen von schroffer Erhabenheit ("Hadseløga", Lofoten 2005; "Kjerkfjord auf Moskenesøya", Lofoten 2005).

Wo könnten diese Fotos besser zur Geltung kommen, als auf einem Eiland inmitten der rauen Nordsee? Die Schau "Kirsten Klein: Spuren des Lichts" ist Teil der ersten Sonderausstellung des Ende Juli vergangenen Jahres eröffneten Museums Kunst der Westküste in Alkersum auf der Nordseeinsel Föhr.

Museumsdirektor Thorsten Sadowsky will hier den 100 derzeit gezeigten Werken aus der maritimen, historisch orientierten Gemäldesammlung des Museumsstifters Frederik Paulsen - darunter solche von Max Beckmann, Edvard Munch und Emil Nolde - dreimal im Jahr Positionen der Gegenwartskunst gegenüberstellen. Ähnlich wie Kirsten Klein mit ihren düster-romantischen Fotos hinterfragt auch die in den Niederlanden lebende Videokünstlerin Fiona Tan die trügerische Idylle der See.

Ihre parallel gezeigte Videoinstallation "News From The Near Future" beginnt mit liebenswürdigen Strandimpressionen. Doch schon bald kämpfen sich Schiffsbuge durch aufbrausende Gischt, Menschen und Pferde bahnen sich einen Weg durch überflutete Straßen. Die Motive, collagiert aus Archivalien des Amsterdamer Filmmuseums, wirken historisch und doch erstaunlich heutig. Sie verdeutlichen das ewig ambivalente Verhältnis zwischen dem Mensch und der Urgewalt der See. Die gebürtige Indonesierin Tan gilt als eine der renommiertesten Videokünstlerinnen der Gegenwart. Im vergangenen Jahr hat sie die Niederlande auf der 53. Biennale in Venedig repräsentiert.

So unverfälscht diese Archivaufnahmen wirken, so wunderbar ergänzen sie sich mit den Arbeiten von Kirsten Klein. Die Künstlerin mit Wohnsitz an der Westküste Jütlands fotografiert seit mehr als 30 Jahren die Natur und gilt als bedeutendste Landschaftsfotografin Dänemarks. Sie inszeniert die Natur allein mithilfe der Perspektive und der Wahl des Bildausschnitts. Menschen treten kaum in Erscheinung. Spuren der Zivilisation fehlen gänzlich.

Ihre Motive findet Klein bevorzugt in ihrer Heimat und auf der Insel Mors im Limfjord sowie auf Reisen in Nordeuropa, Irland und Amerika. Für den perfekten Moment campiert sie häufig in der freien Natur, durchwacht ganze Nächte für ein bestimmtes Licht. Eine Dokumentation gibt Einblicke in ihre heute wohl altmodisch zu nennende Arbeitsweise, die ganz ohne digitale Bildbearbeitung auskommt. "Es ist oft das Unbequeme, das Überraschungen birgt", sagt sie. Genau diese Überraschungsmomente sprechen aus vielen ihrer Arbeiten. So wie aus dem Meer.

Kirsten Klein: Spuren des Lichts/Fiona Tan: News From The Near Future bis 25. Mai, Museum Kunst der Westküste, Hauptstraße 1, Alkersum/Föhr, Di-So 10-17 Uhr, Do 10-20 Uhr; www.mkdw.de