Nach der Alkoholfahrt der bekannten Landesbischöfin wurde ihr Führerschein beschlagnahmt. Käßmanns berufliche Zukunft gilt als ungewiss.
Hannover. Die höchste Vertreterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hannovers populäre Landesbischöfin Margot Käßmann, ist mit 1,54 Promille Alkohol im Blut am Steuer erwischt worden. Die Bischöfin war mit ihrem Dienstwagen in Hannover nach dem Überfahren einer roten Ampel gestoppt worden.
Ob das Alkoholvergehen der EKD-Ratsvorsitzenden Konsequenzen bis hin zum Rücktritt nach sich zieht, werde beraten, erklärte die EKD. Nach der Trunkenheitsfahrt berät der Rat der EKD in einer Telefonkonferenz über den Vorfall. EKD-Sprecher Reinhard Mawick geht aber nicht davon aus, dass es noch am Dienstag eine Entscheidung über die Zukunft Käßmanns geben werde. Käßmann sagte alle öffentlichen Termine in den kommenden Tagen ab.
„Ich bin über mich selbst erschrocken, dass ich einen so schlimmen Fehler gemacht habe“, ließ Käßmann über die EKD mitteilen. „Mir ist bewusst, wie gefährlich und unverantwortlich Alkohol am Steuer ist. Den rechtlichen Konsequenzen werde ich mich selbstverständlich stellen.“ Wie Staatsanwalt Jürgen Lendeckel erklärte, habe sich der Promillewert nach einer Blutprobe auf der Polizeiwache ergeben. Käßmanns Führerschein sei beschlagnahmt und die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden. Die folgenden Sanktionen hingen auch von den Einlassungen des Verteidigers der Bischöfin ab. Der Prozess um die Alkoholfahrt könne bei Ersttätern in einem schriftlichen Verfahren abgewickelt werden – in dem Fall müsste die Bischöfin nicht vor Gericht erscheinen.
Ob Käßmann an dem Abend dienstlich oder privat unterwegs war, wollte die EKD zunächst nicht sagen. Zumeist wird der Dienstwagen der Bischöfin von einem Chauffeur gefahren. Die Theologin wurde an einer Innenstadtkreuzung nur wenige hundert Meter von ihrer Wohnung entfernt gestoppt. Ihr drohen ein einjähriger Führerscheinentzug und eine Geldstrafe von einem Monatsgehalt. Ob Käßmann bei der erneuten Beantragung des Führerscheins eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung – den sogenannten „Idiotentest“ – absolvieren muss, wird die Führerscheinstelle entscheiden müssen.
Bleibt Käßmann in ihren kirchlichen Ämtern, droht ihr als kircheninterne Strafe lediglich eine Rüge. Ein Disziplinarverfahren für Kirchenbeamte, die betrunken am Steuer ertappt werden, sei 2008 abgeschafft worden, erklärte Landeskirchensprecher Johannes Neukirch. Käßmann war Ende Oktober als erste Frau an die Spitze der EKD gewählt worden. Sie löste in dem kirchlichen Spitzenamt den Berliner Bischof Wolfgang Huber ab, der aus Altersgründen ausschied. Käßmanns bisherige Amtszeit war bestimmt von der Kontroverse um ihre Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr.
Die Unions-Kirchenpolitikerin Maria Flachsbarth bezeichnete Käßmanns Alkoholfahrt als „klare Verfehlung“. Man müsse froh sein „dass niemand dabei zu Schaden gekommen ist“, sagte Flachsbarth der „Leipziger Volkszeitung“. Zurecht gehe die Öffentlichkeit kritisch mit Verfehlungen von prominenten Amtsträgern um. „Ich glaube nicht, dass ihr Amt Schaden daran nimmt. Sie ist und bleibt eine herausragende Theologin.“ Der FDP-Kirchenpolitiker Steffen Ruppert sagte der Zeitung, der Vorgang zeige, dass alle Menschen, auch eine EKD-Ratsvorsitzende fehlbar seien. Der kirchenpolitische Sprecher der Linkspartei, Raju Sharma, riet zu Gelassenheit. „Ihr Amt ist ja nicht das einer Berufskraftfahrerin.“ Ihre Autorität stehe deshalb nicht in Frage.
Der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer nahm Käßmann unterdessen gegen aufkommende Kritik in Schutz. „Das ist ein Blackout, der leider immer wieder Leuten passiert, die in öffentlichen Ämtern unter Dauerstress stehen“, sagte Schorlemmer der „Leipziger Volkszeitung“. Die öffentliche Dauerbeobachtung verzeihe keine privaten Fehler. „Auch Margot Käßmann steht in ihrem Amt unter einer enormen Spannung. Und Alkohol löst nun mal Spannungen und baut Stress ab“, so Schorlemmer weiter. Er erwartet nun, dass Käßmann mit einigem Gegenwind ihrer Kritiker klarkommen muss. „Die Häme, die es jetzt geben wird, ist schlimmer als der Strafbefehl."