Das Verfassungsgericht in Schleswig-Holstein will Klagen gegen das Ergebnis der letzten Landtagswahl zügig verhandeln
Kiel. Das Landesverfassungsgericht (LVG) Schleswig-Holstein will Klagen und mögliche Beschwerden gegen das Ergebnis der Landtagswahl "noch vor der Sommerpause verhandeln". Das kündigte Gerichtspräsident Bernhard Flor im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt an. Eine Entscheidung in dem Wahlkrimi um die Mandatsverteilung im Kieler Landtag könnte dann im Frühherbst fallen. "Das Verfassungsgericht wird zügig arbeiten", versprach Flor.
Für Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) steht vor dem LVG viel auf dem Spiel. Die Ein-Stimmen-Mehrheit seiner schwarz-gelben Koalition stützt sich wie berichtet darauf, dass von den elf Überhangmandaten der CDU nur acht durch Mehrsitze für andere Parteien ausgeglichen wurden. Bei einem Ausgleich auch der drei bisher "ungedeckten" Überhangmandate hätte der Landtag 101 Sitze (bisher 95) mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit des Linkslagers (SPD, Grüne, Linkspartei, SSW).
Beim LVG liegt bereits eine Normenkontrollklage von Grünen und SSW. Sie halten den unvollständigen Ausgleich der CDU-Überhangmandate für verfassungswidrig. Die Klage gilt als eher stumpfes Schwert. Das LVG kann allenfalls den Landtag auffordern, Widersprüche im Wahlrecht bis zur nächsten Wahl auszuräumen.
Mehr Erfolg versprechen dagegen Wahlprüfungsbeschwerden, also konkrete Klagen gegen die vom Landtag am Donnerstag festgestellte Mandatsverteilung. "Ich bin sicher, dass einige Mitglieder der Grünen Beschwerde einlegen", berichtete der Grünen-Abgeordnete Thorsten Fürter. Ähnliche Signale kommen vom Fraktionschef der Linkspartei, Heinz-Werner Jezewski. Klar ist, dass das LVG nach dem Landtag die zweite und letzte Instanz im Wahlprüfverfahren ist. Das Gericht wird absehbar nach den Sommerferien die Mandatsverteilung bestätigen oder aber korrigieren, etwa einen Vollausgleich der CDU-Überhangmandate anordnen und damit die schwarz-gelbe Regierung kippen.
Selbst bei einem Sieg wäre Carstensen allerdings nicht aus dem Schneider. Denn das LVG kann in den Verfahren um die Mandatsverteilung nicht darüber mitbefinden, ob die ungedeckten Mehrsitze der CDU beim Ausscheiden eines ihrer Abgeordneten nachbesetzt werden dürfen oder aber wegfallen.
Eine Entscheidung hierüber ist erst möglich, wenn der Ernstfall eingetreten ist, also der erste CDU-Abgeordnete aus dem Parlament ausscheidet. Fiele sein Sitz weg, hätten CDU und FDP im Landtag nur noch genau so viele Stimmen wie SPD, Grüne, Linkspartei und SSW. Carstensen müsste sich bei so einem Patt eine neue Mehrheit suchen, die Grünen oder den SSW mitregieren lassen.