Das Angebot an Wohnraum ist knapp, da zu wenig neu gebaut wird. Die Kaufpreise für Wohnungen sind hingegen vielerorts gesunken.
Hamburg. Es sind keine guten Zeiten für Mieter: In 35 von 81 deutschen Großstädten sind die Mieten über die vergangenen drei Jahre angestiegen, nur in 17 Städten sind sie gesunken. Verteuerungen verzeichnet das Onlineportal Immowelt.de in den wirtschaftlich starken Regionen Süd- und Südwestdeutschlands, während im Rheinland und in Niedersachsen die Mieten in etlichen Städten zurückgingen. Doch ganz an der Spitze der Liste mit den höchsten Mietanstiegen stehen zwei Orte, die man dort nicht unbedingt vermutet hätte: Kiel (plus 22 Prozent auf 7,40 Euro je Quadratmeter) und Lübeck (plus 19 Prozent auf 7,20 Euro). Auf Platz fünf rangiert Hamburg mit einem Anstieg um immerhin noch 15 Prozent.
Während im Immobiliensektor häufig die Devise gilt, dass sich gerade die ohnehin teuren Objekte im obersten Marktsegment weiter verteuern, ist die Erklärung für den drastischen Mietanstieg zumindest in Kiel offenbar eine andere: "Wir haben relativ viele Mieterhöhungen besonders für ältere, kleinere und weniger attraktive Wohnungen auf dem Tisch", sagte Jochen Kiersch, Vorstand des Kieler Mietervereins, dem Abendblatt. "Das ist schon besorgniserregend. Und ich bin sicher, dass das so weitergeht."
Kiersch verweist darauf, dass diese Art der Wohnungen von Studenten der Universität und der Fachhochschule, aber auch von der zunehmenden Zahl der Hartz-IV-Empfänger gesucht werde. "Neu gebaut wird aber kaum etwas, jedenfalls nicht günstiger Wohnraum", so Kiersch, auch weil die Landesregierung die Fördergelder zurückfahre. "Stattdessen beginnen Immobiliengesellschaften damit, Blocks aus den 50er- oder 60er-Jahren rigoros abzureißen." Nun mache sich bemerkbar, dass in Kiel alle öffentlichen Immobiliengesellschaften an "Geschäftemacher" verkauft worden seien.
Dass in Kiel zu wenig kleine und günstige Wohnung im Angebot seien, räumt auch Christoph Kostka, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft schleswig-holsteinischer Wohnungsunternehmen, ein. Er zweifelt aber an der Höhe der in der Immowelt-Studie genannten Mietsteigerung: "Eine derartige Verteuerung gibt die Kaufkraft am Markt gar nicht her", sagte Kostka dem Abendblatt. So zeige der Kieler Mietenspiegel 2008 einen Anstieg von lediglich 0,4 Prozent gegenüber dem Jahr 2006. Für Lübeck sieht Kiersch einen anderen Preistreiber: "Da macht sich die Nähe zu Hamburg bemerkbar, ebenso wie zum Beispiel auch in Stormarn."
Gesamtliste: So haben sich die Mieten in deutschen Großstädten seit 2006 verändert
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Kaufpreise: Wo es seit 2006 günstiger oder teurer wurde
Tatsächlich verschärft sich die Mietwohnungsknappheit in Hamburg immer weiter: "Wir bräuchten etwa 6000 neue Wohnungen pro Jahr, um dem Anspruch der wachsenden Stadt wirklich gerecht werden zu können", sagte Peter Hitpaß, Sprecher des Verbands Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), dem Abendblatt, "aber im Jahr 2008 sind nur etwa 3600 Einheiten fertiggestellt worden." Seit Jahren schrumpfe die Zahl der Baugenehmigungen. Zwar gebe das aktuell sehr niedrige Zinsniveau Anlass zur Hoffnung, dass sich dies demnächst ändere. "Aber unsere Mitgliedsunternehmen haben Probleme, an geeignete Grundstücke in der Stadt heranzukommen", so Hitpaß. Auch deshalb begrüße man ausdrücklich die Ankündigung von Stadtentwicklungs- und Umweltsenatorin Anja Hajduk, wieder einen Senatsbeauftragten für den Wohnungsbau einzusetzen.
Entgegen der vorherrschenden Richtung bei den Mieten sind die Kaufpreise für Wohnungen laut Immowelt.de in 54 von 81 deutschen Großstädten gesunken. Nicht so in Hamburg: Hier kletterte der Preis pro Quadratmeter um zwei Prozent auf durchschnittlich 2373 Euro. Auch absolut gesehen rangiert Hamburg unter den teuersten deutschen Städten hinter München (3514 Euro), Frankfurt, Freiburg/Breisgau und Heidelberg.
Verglichen wurden jeweils Angebote aus den ersten drei Quartalen 2006 mit Angeboten aus den ersten drei Quartalen 2009.