Wer mit wem will, wer mit wem darf und wer mit wem gar nicht kann - die Regierungsbildung in Kiel hängt stark an Sympathien und Abneigungen.
Kiel. In Schleswig-Holstein könnte jede der fünf Landtagsparteien notfalls mit jeder anderen ein Regierungsbündnis schmieden. Für die Spitzenkandidaten gilt das nur mit Abstrichen. Sie liegen teils so über Kreuz, dass einige Koalitionen kaum möglich und andere sogar ausgeschlossen sind.
Bestes Beispiel ist Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (62, CDU). Der fröhliche Friese, der auf dem elterlichen Bauernhof auf Nordstrand zur Welt kam, kann sich eine Neuauflage der Großen Koalition allenfalls vorstellen, wenn SPD-Chef Ralf Stegner (49) vorher abdankt. Der SPD-Spitzenkandidat, der in der Kneipe seiner Eltern im pfälzischen Maxdorf aufwuchs, macht der CDU keine Personalvorgaben.
So oder so gibt es im Landeshaus keinen Zweifel daran, dass eine Regierung mit Carstensen und Stegner erneut scheitern würde. Der Bauchpolitiker Carstensen und der Kopfmensch Stegner sind zu verschieden, um gemeinsam zu regieren.
Besser kommt Carstensen bisher mit FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki (57) zurecht. Der agile Anwalt und Volkswirt, ein Meister des Spotts, hat zwar eifrig über Carstensen ("König der Volksfeste") gelästert, steckt derzeit aber etwas zurück. Kubicki will die FDP nach fast 40 Jahren Opposition unbedingt in die Regierung führen.
Einer Koalition mit der SPD hat Kubicki früh eine Absage erteilt. Die klare Festlegung des sozialliberalen Politikers rührt auch daher, dass er Stegner und seinen Politikstil nach dem harten Konflikt um die Verschärfung des Polizeirechts nichts mehr abgewinnen kann. Stegner nennt Kubicki einen "Klugscheißer". Der Liberale kontert, zeigt gern eine Karte mit Aufdruck herum: "Ich bin kein Klugscheißer, ich weiß es wirklich besser."
Über die Hahnenkämpfe der beiden besten Rhetoriker im Landtag schüttelt die Fraktionsmanagerin der Grünen, Monika Heinold (50), den Kopf. Die gelernte Erzieherin wird über die Parteigrenzen hinweg als versierte Finanzpolitikerin anerkannt - selbst von Stegner und Kubicki.
Heinold pflegt dafür eine andere, eine alte Feindschaft. Als sie 1996 zusammen mit den Grünen erstmals in den Landtag einzog und gleich mit der SPD regierte, schoss der Fundi-Flügel der Öko-Partei Sperrfeuer. An der Spitze des Widerstands stand damals die Landessprecherin der Grünen, Antje Jansen (59). Die Leiterin eines Naturkindergartens kehrte den Grünen 2000 den Rücken und als Spitzenkandidatin der Linkspartei zurück.
Jansen tut sich mit Kompromissen, die jede Koalitionspartei eingehen muss, immer noch schwer. Sie sieht die Linkspartei in der Opposition. Ein mehr oder minder gutes Verhältnis zu allen anderen Spitzenkandidaten hat derzeit nur Anke Spoorendonk (62, SSW). Die Lehrerin vertritt im Landtag seit 13 Jahren standfest und beharrlich insbesondere die Belange der dänischen Minderheit.
Ihre Lektion in deutscher Politik hat Spoorendonk 2005 gelernt. Die damals vom SSW tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung platzte mit der Nichtwahl von Heide Simonis (SPD). Diesmal will Spoorendonk lieber keine Koalition tolerieren, sondern gleich selbst mitregieren.