Die SPD in Kiel verbündet sich mit den Grünen und dem SSW und fordert, das Atomkraftwerk Krümmel stillzulegen.
Kiel. Der Landtag in Kiel hat sich mit der Mehrheit von SPD, Grünen und SSW für die Stilllegung der Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel ausgesprochen. Das Parlament beschloss am Donnerstag nach kontroverser Debatte über Energiepolitik und Klimaschutz gegen das Votum der CDU und bei Enthaltung der FDP, dass die Regierung mit den Betreibern Vattenfall und E.ON über eine sofortige Schließung verhandeln soll. Im Fall Krümmel sollen alle Möglichkeiten geprüft und genutzt werden, wegen der häufigen Pannen eine endgültige Stilllegung durchzusetzen. Die Debatte offenbarte, dass es in der Energiepolitik mit die meisten Differenzen zwischen den Landtagsparteien gibt – so auch zwischen CDU und FDP. Wer den schnellen Atomausstieg fordere und gleichzeitig Kohle als Energieträger ablehnt, streue den Bürgern Sand in die Augen, sagte Wirtschaftsminister Jörn Biel (CDU). „Jeder weiß, allein mit erneuerbaren Energien können wir die Energieversorgung in der näheren Zukunft nicht sicherstellen. Wir brauchen noch über Jahre einen Energiemix, der Kohle und Kernkraft für eine Übergangszeit einschließt.“ Der für die Atomkraftwerke zuständige Minister Christian von Boetticher (CDU) betonte, er setze die „politisch neutrale Atomaufsicht“ seiner SPD-Vorgängerin Gitta Trauernicht fort.
An der Haustür des Landwirtschaftsministers von Boetticher stehe nur zufällig auch das Schild „Umweltminister“, befand SPD- Umweltpolitiker Konrad Nabel. Nach seiner Ansicht muss die Energieversorgung völlig umgebaut werden, um den Klimawandel zu bewältigen. „Atomkraft und Kohlekraft haben keine Zukunft, weder in Schleswig-Holstein noch in Deutschland“, sagte Nabel. „Aktiver Klimaschutz stärkt unsere Wirtschaftskraft, schafft Tausende Arbeitsplätze und bietet Unternehmen enorme zusätzliche Exportchancen, denn wer auf klimafreundliche Energietechnologien, den effizienten Einsatz von Energie und auf erneuerbare Energien setzt, hat die Nase vorn im internationalen Standortwettbewerb.“ Die FDP strebe langfristig eine CO2-neutrale Energieversorgung an, sagte Fraktionsvize Heiner Garg. Kohlestrom könne aus Gründen der Versorgungssicherheit und der preisgünstigen Grundlastversorgung auf absehbare Zeit Teil des Energiemix sein, aber nur als Übergangstechnologie. Den Bau weiterer Kohlekraftwerke in Schleswig-Holstein über die in Planung befindlichen hinaus lehne die FDP ab.
Atomenergie könne nur so lange eine Übergangstechnologie sein, bis erneuerbare Energien ausreichend grundlastfähigen Strom erzeugen können. Wenn die Unzuverlässigkeit des Betreibers Vattenfall festgestellt werde, müsse ihm die Betriebserlaubnis entzogen werden, betonte Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel. Nach seiner Forderung muss ausgeschlossen werden, dass Reststrommengen von Reaktoren, denen die Betriebsgenehmigung entzogen wurde, auf andere Kraftwerke übertragen werden. 84 Prozent der Schleswig-Holsteiner wollten einen weiterenAusbau der Windenergie im Lande, den die CDU seit vier Jahren blockiere, sagte Hentschel. 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien seien machbar, wenn die Weichen richtig gestellt werden. „Schleswig-Holstein muss wieder wie unter Rot-Grün Windland Nr. 1 werden. Bei der installierten Windenergieleistung sind wir 2008 auf Platz 4 zurückgefallen, hinter Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.“ Atomenergie sei weder sicher noch billig, betonte der SSW-Abgeordnete Lars Harms. Um die Energieversorgung nach dem Atomausstieg zu gewährleisten, komme man um einen Energiemix aus erneuerbaren und fossilen Energieträgern nicht herum. Zum Klimaschutz betonte Umweltminister von Boetticher, Schleswig-Holstein stehe beim Kohlendioxidausstoß, beim Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromversorgung und beim Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch besser da als Deutschland insgesamt.