Die politische Auseinandersetzung über Gorleben als mögliches Endlager für hoch radioaktive Abfälle hat neue Nahrung erhalten.
Gorleben. Die politische Auseinandersetzung über den Standort Gorleben als mögliches Endlager für hoch radioaktive Abfälle hat mitten im Bundestags-Wahlkampf neue Nahrung erhalten. So soll schon 1983 die damalige Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) einem Zeitungsbericht zufolge Gorleben als Endlagerstandort entgegen dem Rat der Fachbehörde durchgedrückt haben. Unter ihrem Druck hätten die Experten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ihre Bewertung umschreiben müssen, berichtet die "Frankfurter Rundschau". Ihre zuvor geäußerten Bedenken gegen eine Untersuchung nur des Salzstocks Gorleben seien damit unter den Tisch gefallen.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace forderte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) wurde die Existenz der Dokumente bestätigt. Die Anti-Atom-Initiative Lüchow-Dannenberg habe Akteneinsicht beim BfS beantragt und diese auch erhalten.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte, diese Details von vor 26 Jahren belegten, dass das Endlagerkonzept der Union "endgültig gescheitert" sei. "Die schwarz-gelbe Regierung Kohl hat sich bei ihrer Entscheidung für Gorleben als Atom-Endlager über massive fachliche Bedenken hinweggesetzt."
Für die CDU/CSU-Fraktion bekräftigte dagegen die Vize-Vorsitzende Katherina Reiche die Auffassung, dass weitere alternative Standorte zu Gorleben nicht geprüft werden sollten. "Alle bisher gewonnenen fachlich-wissenschaftlichen Erkenntnisse haben die Eignung von (...) Gorleben gezeigt." Weitere Suchschleifen führten nur zu weiteren Milliarden-Kosten, nachdem Gorleben schon 1,5 Milliarden verschlungen hat. Der Salzstock, dessen Erkundungsstopp seit 2000 im Jahr 2010 ausläuft, sollte von internationalen Experten untersucht werden.
Die Grüne EU-Atomexpertin Rebecca Harms forderte die Bürger auf, angesichts der "politischen Manipulation" der damaligen Endlager-Vorentscheidung erst recht am Treck der Anti-Atom-Bewegung am 5. September nach Berlin teilzunehmen. FDP und Union lehnen die von Gabriel geforderte alternative Standortsuche für ein Endlager auch in Bayern und Baden-Württemberg ab.