Sie verschlingen 100 Kilo pürierte Heringe pro Tag: Die Seehundstation Friedrichskoog widmet sich ganz den vom Meer angetriebenen Heulern.

Friedrichskoog. Knapp 70 kleine Seehund-Waisen werden derzeit in der Seehundstation Friedrichskoog (Kreis Dithmarschen) aufgepäppelt: Hochbetrieb für Stationsleiterin Tanja Rosenberger und ihre Crew. Um die hungrigen Mäuler der Seehund-Babys zu stopfen, müssen jeden Tag rund 100 Kilogramm Heringe püriert beziehungsweise in mundgerechte Happen zerteilt werden. Star der Truppe ist „Herr Nilsson“, der inzwischen über 20 Kilogramm auf die Waage bringt.

Der kleine „Heuler“ war als Frühgeburt mit knapp 7,5 Kilogramm kaum lebensfähig. Mit über 20 Kilogramm ist er nun „der mit Abstand Dickste im Aufzucht-Becken“, sagt Rosenberger. Ab Ende Juli könnten die Heuler ins Auswilderungsbecken, wo sie gründlich auf das Leben in Freiheit vorbereitet werden. Dazu sollten sie aber mindestens 25 Kilo wiegen. Statt toter Heringe steht dann lebender Fisch auf dem Speiseplan der Raubtiere. Sind sie fit genug, werden sie per gechartertem Kutter ins Wattenmeer gefahren und bei Niedrigwasser vor einer Sandbank abgesetzt.

In diesem Jahr wurden 83 verwaiste Seehund-Babys zur Station gebracht, sagt Rosenberger. 67 seien durchgekommen, zwei von ihnen aber noch in kritischem Zustand. Die kleinen Heuler seien nach einer langen Ost- und dann Westwindphase erst nach mehreren Tagen abgemagert und entkräftet an den Küsten angetrieben worden.

Die Seehundstation Friedrichskoog ist gemäß internationalem Abkommen die einzige berechtigte Aufnahmestelle für Seehund-Waisen und Kegelrobbenbabys in Schleswig-Holstein. Zu ihren Aufgaben gehören auch Informationen über Seehunde und Kegelrobben sowie wissenschaftliche Forschung. Experten sammeln hier Daten zu Lebensraum, Gefährdung und Biologie der Meeressäuger. In der Station arbeiten drei fest angestellte Mitarbeiter und mehrere ehrenamtliche Helfer. Seit 1996 finanziert sich die Station ohne staatliche Zuschüsse nur aus Spenden und Eintrittskarten. Jedes Jahr müssen zur Deckung der festen Kosten mindestens 500.000 Euro eingenommen werden. (dpa/abendblatt.de)