Justizpanne in Schleswig-Holstein: In vier Wochen muss ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter aus dem Gefängnis entlassen werden, obwohl...

Kiel. Justizpanne in Schleswig-Holstein: In vier Wochen muss ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter aus dem Gefängnis entlassen werden, obwohl Gericht und Gutachter den Kinderschänder (61) für gefährlich und deshalb eine Sicherungsverwahrung für nötig halten.

Justizminister Uwe Döring (SPD) machte den Fall gestern publik und schob den Schwarzen Peter dem Bund zu. In der Justiz wurde das als Versuch gewertet, von Versäumnissen des Kieler Landgerichts und der örtlichen Staatsanwaltschaft abzulenken.

Klar ist, dass der Akademiker im Sommer 2004 vom Landgericht zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er seine Stieftochter (7) sexuell missbraucht hatte. Ob der zweifach vorbestrafte Pädophile darüber hinaus in Haft bleiben sollte, wollte das Gericht später entscheiden. Nach dem Strafgesetz hätte der Beschluss bis Sommer 2006 fallen müssen. Das Gericht ordnete die Sicherungsverwahrung aber erst im Frühjahr 2007 an, weil ein Gutachter erkrankt war. Der Informatiker zog prompt vor den Bundesgerichtshof (BGH), der den Kieler Beschluss im Herbst 2007 aufhob. Döring will nun über den Bundesrat durchsetzen, dass Gerichte eine längere Entscheidungsfrist erhalten, wenn Gutachter dauerhaft erkranken.

Über die Hängepartie bei der Staatsanwaltschaft Kiel verlor der Minister kein Wort. Die Anklagebehörde prüft ein Jahr nach dem BGH-Urteil immer noch, ob sie für den Sexualstraftäter eine "nachträgliche Sicherungsverwahrung" beantragt und ihm damit in letzter Minute den Weg in die Freiheit vielleicht doch noch verbaut.