Ein kurioser Krebs ist vor wenigen Tagen im Wattenmeer bei Hörnum gefunden worden: der Muschelwächter. Mitarbeiter der Schutzstation Wattenmeer auf...
Husum/Hörnum. Ein kurioser Krebs ist vor wenigen Tagen im Wattenmeer bei Hörnum gefunden worden: der Muschelwächter. Mitarbeiter der Schutzstation Wattenmeer auf Sylt entdeckten ihn Ende Juli im Inneren einer Miesmuschel. Dieser erbsengroße Krebs mit kugeligem Panzer war im schleswig-holsteinischen Wattenmeer bisher so gut wie unbekannt. Nur ausnahmsweise gab es Funde in frostsicheren tiefen Bereichen der südlichen Nordsee.
Eine Ursache für das Vordringen der Art auf die Wattflächen kann die Erwärmung des Wattenmeeres in den vergangenen Jahren um etwa zwei Grad sein. Darüber hinaus ist nachgewiesen, dass viele Muschelwächter in importierten Miesmuscheln von den Britischen Inseln nach Schleswig-Holstein gelangt sind. Muscheln aus Großbritannien werden seit 2006 im Wattenmeer ausgebracht - trotz des Risikos der Einschleppung neuer Arten und heftiger Proteste von Naturschützern. Bei Sylt liegen Schleswig-Holsteins größte Zuchtflächen für Miesmuscheln.
Wenn der Muschelwächter nun auch im Watt auftritt, kann dies ein Problem für die Miesmuschelfischer werden. Denn kaum ein Gourmet möchte beim Verzehr von Muscheln auf einen mitgekochten Krebs beißen. So wirkt der Krebs tatsächlich als Wächter der Muscheln: Er entwertet sie für die Vermarktung.
Die 2500 Jahre alte Vermutung der Griechen, dass der Krebs seine Muschel vor nahenden Gefahren warnt, indem er sie zart kneift, gehört ins Reich der Fabel. Der Muschelwächter wohnt als Parasit im Inneren von Miesmuscheln, Austern und anderen Arten. Als Nahrung dient ihm Plankton, das die Muschel aus dem Wasser gefiltert hat und selbst fressen will.
Das bei Hörnum gefundene Exemplar ist ein ausgewachsenes Weibchen. Der Krebs ist auffallend rund, damit er sich im Inneren der Muschelschale bewegen kann, ohne sich zu verhaken. Die Weibchen erreichen etwa zwei Zentimeter Durchmesser. Männliche Muschelwächter sind viel kleiner, fester gepanzert, und schwimmen oft frei im Wasser umher. Sie suchen vermutlich Muscheln mit jungen Weibchen darin. Beim Muschelwächter erfolgt die Paarung, lange bevor die Weibchen ausgewachsen sind. Schon mit vier Millimeter Größe werden sie begattet. Erst bei einem Zentimeter Größe beginnen sie mit der Eiablage und befruchten mehrere Portionen Eier mit dem Spermavorrat, den sie so lange aufbewahrt haben.