Wie kein anderer Fall hat der Tod des kleinen Kevin eine öffentliche Diskussion über Mängel bei den Jugendämtern und die Notwendigkeit besserer Vorsorgemaßnahmen in Deutschland angestoßen.
Die Staatsanwaltschaft Bremen hat gleich gegen mehrere Mitarbeiter des Bremer Jugendamts Anklage erhoben wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen: Dies ist die Ausnahme von der Regel, obwohl in Deutschland jährlich etwa 100 meist kleine Kinder zu Tode misshandelt werden und in vielen Fällen die Jugendämter die Problemfamilien bereits kannten.
Auf der anderen Seite beklagt der Deutsche Kinderschutzbund aber auch, dass nach dem Tod des kleinen Kevin viele Jugendämter jetzt aus "Angst und Sorge" vor solchen Anklagen Kinder vorschnell zwangsweise in Heimen oder Pflegefamilien unterbringen. Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes, mahnt, die Fremdunterbringung dürfe immer nur "das letzte Mittel" sein, wenn das Leben oder die Entwicklung des Kindes massiv gefährdet werden.
Mit mehr Personal und mehr Hausbesuchen bei Problemfamilien hat Bremen auf den Fall Kevin reagiert. Und auch die Nachbarländer verstärken ihre Bemühungen. Hamburg hat nicht nur eine Kinderhotline eingerichtet, sondern die Stellenausstattung der Jugendämter verbessert. Eingeführt wurden auch ärztliche Untersuchungen in Kitas mit dem Ziel, Vernachlässigung und Misshandlung frühzeitig zu erkennen. Als erstes Bundesland hat Schleswig-Holstein im März beschlossen, solchen Eltern sofort das Jugendamt ins Haus zu schicken, die die Vorsorgeuntersuchungen mit Kindern unter fünf Jahren nicht wahrnehmen. In Niedersachsen liegt ein ähnlicher Gesetzentwurf vor, der ebenfalls auf ein Einladungsverfahren per Brief setzt. Es bleibt den Ämtern aber laut Entwurf überlassen, ob sie nach einer solchen Meldung einen Besuch in den Familien abstatten.