Archäologen werten den Fund als Sensation für Schleswig-Holstein. Heiner Schuldt gab die Silberlinge ab - und machte vom Finderlohn eine Reise.

Haselau. Eigentlich wollte Heiner Schuldt (53) in seiner Diele neue Heizungsrohre verlegen, als seine Schaufel plötzlich auf etwas Hartes stößt. "Ein alter Topf", habe er gedacht. Doch dann entdeckt der Landwirt aus dem Elbmarschendorf Haselau hinter dem Bronzegefäß einige Münzen. Verdreckt, verspakt, aber deutlich zu erkennen. Schuldt buddelt weiter, vergisst alles um sich herum. "Du, ich habe gerade einen Schatz gefunden", ruft er seiner Frau Bärbel (53) wenig später entgegen.

Die beiden bürsten einige der schweren Silberstücke ab. "Wir dachten anfangs, dass sie aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammen." Tatsächlich ist der schuldtsche Schatz fast vierhundert Jahre alt. Die ganze Nacht liegt das Landwirtspaar wach. "Wir wussten, wir können den Schatz nicht behalten", sagt Heiner Schuldt. "Wenn sich das im Dorf rumspricht." Schon am nächsten Tag fährt ein Bekannter mit einigen Stücken zum Archäologischen Landesamt nach Schleswig.

Drei Jahre ist es her, dass der Landwirt die 99 Silbermünzen fand. Inzwischen ist klar: "Der Haselauer Münzschatz ist für die schleswig-holsteinische Landesgeschichte von großer Bedeutung", sagt der Leiter des Archälogischen Landesamts, Claus von Carnap-Bornheim. Es gebe, so Rainer Hering vom Landesarchiv gestern bei der Vorstellung des umfassenden Katalogs, keinen vergleichbaren so vollständig erhaltenen Münzfund aus dieser Zeit. "Es ist gutes Geld, mit hohem Silbergehalt und unterschiedlichen gut erhaltenen Prägungen." Es sind Markstücke, halbe Markstücke, Taler, halbe Taler und Vierteltaler aus der Zeit von 1506 bis 1627. Vergraben wurden sie wahrscheinlich im Sommer 1627.

Es herrschte der Dreißigjährige Kriegs. Die Truppen der Feldherren Tilly und Wallenstein fallen im südlichen Holstein ein. Ihnen geht ein fürchterlicher Ruf voraus. Sie morden, brandschatzen. Wer fliehen kann, geht ins befestigte Hamburg, nach Stade oder Glückstadt. Um ihn vor den Soldaten zu retten, vergrub der Haselauer Baumann Hinrich Oldehus, der zu dieser Zeit einen Vorgängerbau des schuldtschen Hofs bewohnte, seinen Besitz.

"Der Wert betrug 76 Reichstaler. Damit konnte man 25 Tonnen Weizen, 30 Schweine kaufen oder ein halbes Jahr die Gutssteuer bezahlen", sagt Marion Bejschowetz-Iserhoht vom Landesarchiv, die in den schriftlichen Überlieferungen aus der Zeit recherchiert hat. Trotz ihres Wertes wurden die Münzen nach dem Frieden zu Lübeck 1629 nicht gehoben. "Vielleicht ist der Eigentümer geflohen oder auch umgekommen", sagt die Lektorin des Landesarchivs, die den neuen Katalog mit herausgegeben hat.

Auch wenn einige Fragen bleiben: Dass die Landeshistoriker diese Geschichte aus der Vergangenheit erzählen können, verdanken sie der Ehrlichkeit der Finder. "Es gibt auch immer wieder Fälle, in denen solche Funde behalten werden", sagt von Carnap-Bornheim. Er schätzt die Zahl auf etwa fünf im Jahr. Rechtlich allerdings ist die Lage eindeutig: Sobald ein Fund von solcher Bedeutung gehoben wird, gehört er dem Land.

"Wir haben nicht daran gedacht, ihn an einem Münzhändler zu verkaufen", sagt Bärbel Schuldt, die mit ihrem Mann ein Bauerncafe betreibt und sogar eine Münztorte kreiert hat. "Die Geschichte schien uns viel interessanter." Allerdings zahlte das Land dem Ehepaar eine Entschädigung. "Wie viel, verrate ich nicht", sagt Schuldt. "Aber wir konnten eine nette Reise davon machen." Für interessierte Gäste zeigen die Schuldts am Fundort im Dielenboden unter einer Glasplatte einige Münzrepliken. Die Originale sollen demnächst im Archäologischen Landesmuseum auf Schloss Gottorf zu sehen sein.