HANNOVER. Aus der Sicht der Oppositionsparteien im niedersächsischen Landtag ist der Tiefwasserhafen Wilhelmshaven ein Fall für den Staatsanwalt. SPD und Grüne forderten gestern nicht nur den Rücktritt von Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) und seines Staatssekretärs Joachim Werren. Sie glauben, dass die Vergabe des 500 Millionen Euro teuren Bauauftrags im vergangenen Jahr nicht nach Recht und Gesetz gelaufen ist und im Untersuchungsausschuss außerdem mehrere Zeugen die Unwahrheit gesagt haben. Eine entsprechende Anzeige liege der Staatsanwaltschaft bereits vor, erstattet von Bürgern aus Wilhelmshaven.

Das gemeinsame Fazit der Oppositionsfraktionen nach der mehrmonatigen Arbeit im Untersuchungsausschuss fasste der Grünen-Abgeordnete Enno Hagenah zusammen. Danach habe sich Niedersachsen von Bremen "austricksen" lassen, als es in der gemeinsamen Hafenbaugesellschaft um die Auftragsvergabe ging. Niedersachsen habe unter Zeitdruck gestanden, weil Verzögerungen Kosten verursachen und ein EU-Zuschuss von 50 Millionen Euro auf dem Spiel stand. Hinzu kam, dass Bremen zwar gleiches Stimmrecht in der Gesellschaft hatte, aber nur 20 Prozent der Kosten trug. Deswegen habe sich das Wirtschaftsministerium in Hannover letztlich auf die Seite der Bremer geschlagen, die unbedingt ihren Favoriten Hochtief durchsetzen wollten. Erst das Oberlandesgericht Celle kassierte die Entscheidung für den Essener Konzern, bauen darf jetzt eine Bietergemeinschaft, angeführt vom Bauunternehmen Bunte aus dem niedersächsischen Papenburg.

Dass die Bremer in der gemeinsamen Gesellschaft Niedersachsen letztlich über den Tisch zogen, diese Einschätzung haben als Ergebnis der Zeugenvernehmungen im Ausschuss auch CDU und FDP zu Papier gebracht. Die Regierungsfraktionen sehen aber kein Fehlverhalten von Minister Hirche oder anderer Landesbediensteter. Entsprechend wiesen CDU und FDP die Rücktrittsforderungen gestern als absurd zurück.

Kommende Woche wird der Landtag in seiner letzten Sitzung vor der Landtagswahl am 27. Januar abschließend diskutieren.