Der CDU-Politiker starb vor knapp 20 Jahren. Mord oder Selbsttötung - das konnte nie geklärt werden. Oberstaatsanwalt Wille ist sich sicher: Es war Mord.
Kiel. Knapp 20 Jahre nach dem Tod des früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel (CDU) beschäftigt sich die Justiz möglicherweise erneut mit dem ungeklärten Todesfall.
Anfang Juli hatte der Rechtsanwalt Justus Warburg im Namen von Barschels Familie die Aufnahme neuer Ermittlungen gefordert. "Nach meiner Überzeugung gehört der Fall Dr. Barschel nunmehr in die Hände der Bundesanwaltschaft, um endlich der Wahrheit die Ehre zu geben", schrieb der Jurist in seiner Erklärung. Hintergrund waren Äußerungen des früheren Barschel-Chefermittlers Heinrich Wille, mit denen der Leitende Lübecker Oberstaatsanwalt sich klar zur Mordthese bekannte. Barschels Witwe Freya und sein Bruder Eike waren immer überzeugt, Uwe Barschel sei ermordet worden. Ob Uwe Barschel ermordet wurde oder freiwillig aus dem Leben schied, konnte nie zweifelsfrei geklärt werden.
Nach Angaben von "Bild am Sonntag" hat Justus Warburg die Generalbundesanwältin Monika Harms in der Zwischenzeit schriftlich aufgefordert, "im Fall Barschel strafrechtliche Ermittlungen in eigener Regie aufzunehmen". Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft bestätigte auf Anfrage der Zeitung, das Schreiben Warburgs liege vor und werde geprüft. Den Informationen zufolge hat die Generalbundesanwältin den schleswig-holsteinischen Generalstaatsanwalt Erhard Rex bereits schriftlich um eine Stellungnahme gebeten.
Die Leiche von Uwe Barschel war am 11. Oktober 1987 in der Badewanne seines Hotelzimmers im Genfer Hotel Beau Rivage gefunden worden. Todesursache: Medikamentenvergiftung. Dem mysteriösen Tod vorausgegangen war ein Politskandal um schmutzige Wahlkampfaktionen, die der Referent Reiner Pfeiffer aus Barschels Staatskanzlei heraus gegen den damaligen SPD-Spitzenkandidaten Björn Engholm organisiert hatte. Am 18. September 1987 hatte Barschel in seiner berühmt gewordenen "Ehrenwort"-Pressekonferenz seine Unschuld beteuert und bestritten, dass er der Auftraggeber für die Bespitzelung Engholms gewesen sei. Nur wenige Tage später, am 25. September, trat er dennoch als Regierungschef zurück. Vor diesem Hintergrund gab es reichlich Raum für Spekulationen und Verschwörungstheorien. All die Hinweise, von der Beteiligung der Geheimdienste bis zur Verwicklung in Waffenhandel, führten nicht zu einem Täter. In jahrelangen Ermittlungen konnte nicht geklärt werden, ob der Politiker getötet wurde oder sich das Leben nahm. 1998 stellte die Lübecker Staatsanwaltschaft das Todesermittlungsverfahren (Aktenzeichen 33247/87) ein.
Nach Angaben von Generalstaatsanwalt Rex sind zwar seither "fortlaufend Hinweise zur Sache" eingegangen, es habe aber in keinem Fall Anlass gegeben, wieder Ermittlungen aufzunehmen. Doch durch die Anfrage von Generalbundesanwältin Harms kommt die Angelegenheit nun vermutlich erneut auf den Schreibtisch von Oberstaatsanwalt Wille. Dieser hat ein Buch mit dem Arbeitstitel "Der Mord an Uwe Barschel - das Verfahren" geschrieben. Nur auf den Markt bringen darf er es nicht - sein Chef Erhard Rex hat ihm das untersagt. In der Hauptsache geht es bei dem Streit darum, ob Wille dienstlich erlangtes Wissen privat vermarkten darf.
Die Staatsanwaltschaft plant zum bevorstehenden 20. Todestag von Uwe Barschel selbst eine umfangreiche Dokumentation der Ermittlungen - in der Schriftenreihe der Staatsanwaltschaft. In dieser Reihe könne er sein Werk gern veröffentlichen, hat Erhard Rex dem ehemaligen Chef-Ermittler mitgeteilt.