Jetzt muss Berlin über das privat finanzierte Sechs-Milliarden-Euro-Projekt entscheiden. CDU kritisiert Merkel. Weil sie skeptisch ist.

Kiel. Schleswig-Holstein gibt den Kampf um eine der längsten und teuersten Brücken in ganz Europa nicht verloren. Im Landtag forderten CDU, SPD und FDP gestern die Bundesregierung eindringlich auf, den Weg für eine feste Querung des Fehmarnbelts freizumachen. Entscheiden wird Berlin in den nächsten Wochen - und das vermutlich gegen die Riesenbrücke, die sich über 20 Kilometer hinziehen und sechs Milliarden Euro kosten würde.

Umso beherzter warb Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Dietrich Austermann (CDU) für das Jahrhundertprojekt, das privat finanziert und vom Bund abgesichert werden soll. "Alle Argumente sprechen dafür." Nutznießer wäre auch Hamburg, weil der für 2017 geplante Brückenschlag die Metropole mit der Boomregion Kopenhagen/Malmö verbinden und gut 1700 neue Dauerjobs bringen soll. Davon würden laut Studien 350 in Hamburg entstehen. "Wir erwarten eine positive Entscheidung des Bundes", sagte Austermann zuversichtlich.

CDU und SPD rührten ebenfalls die Werbetrommel, nahmen aber auch Angela Merkel (CDU) ins Visier. "Die Kanzlerin ist auch nicht gerade hilfreich", klagte CDU-Mann Hans-Jörn Arp. Merkel hatte durchblicken lassen, dass sie das Projekt skeptisch sieht, und damit in ihrer Heimat Mecklenburg-Vorpommern Beifall bekommen. Eine Beltquerung könnte Fährhäfen wie Rostock das Geschäft verderben. Wichtiger für den Bund dürfte allerdings sein, was Grüne und SSW vortrugen. "Das Projekt rechnet sich einfach nicht."

Zu demselben Ergebnis kamen mehrere Investorenkonferenzen. Einige Baukonzerne und Banken boten zwar an, die Brücke zu bauen und über eine Maut zu refinanzieren, aber nur unter der Bedingung von weitgehenden Staatsgarantien. Im Klartext: Für Verluste müsste der Steuerzahler aufkommen. Dänemark, das so schon den Großen Belt und den Öresund überbrückte, ist dazu bereit. In Berlin wird noch gerechnet.

Klar ist bereits, dass es mit dem Bau der Brücke (vier Milliarden Euro) nicht getan ist. Auf Lolland muss das Straßen- und Schienennetz (700 Millionen) ebenso ausgebaut werden wie auf Fehmarn und in Ostholstein. Dafür sind 1,25 Milliarden veranschlagt, wobei ein möglicherweise nötiges Ersatzbauwerk für die Fehmarnsundbrücke nicht berücksichtigt ist. Solche Hinterland-Anbindungen werden über den Bundesverkehrswegeplan finanziert. Folge: Viele andere Projekte in Schleswig-Holstein blieben auf der Strecke. Austermann stellte hier ein neues Konzept vor. Demnach sollen die privaten Brückenbauer auch die Trassen im Hinterland erweitern. Der vermeintliche Ausweg hat zwei Haken. Zum einen ist er mit geltendem Recht kaum zu vereinbaren. Zum anderen müssten Autofahrer tiefer in die Tasche greifen, wenn auch die Zuwege zur Brücke kostenpflichtig werden. Und die geplante Brücken-Maut liegt mit etwa 50 Euro je Auto schon heute nur knapp unter dem Fährtarif auf der Vogelfluglinie (56 Euro).

Hinter vorgehaltener Hand räumten Politiker von CDU und SPD ein, dass es um die Superbrücke derzeit schlecht und den Fährverkehr gut stehe. Die Schiffe legen im 30-Minuten-Takt ab, und das rund um die Uhr. Die Fahrt dauert 45 Minuten. Über die Brücke wären es 14 Minuten.