Designer-Kleidung: Ladenbesitzer in Neumünster fürchten Käuferschwund. Das FOC soll 35 Geschäfte beherbergen und 60 Millionen Euro Jahresumsatz machen.

Neumünster. Das kleine Neumünster will dem großen Hamburg viele kaufkräftige Kunden abjagen. Nach Plänen von Oberbürgermeister Hartmut Unterlehberg (SPD) soll Ende 2007 am Stadtrand das erste Factory Outlet Center (FOC) Norddeutschlands öffnen und auf 20 000 Quadratmetern vor allem Markenkleidung zu Dumpingpreisen anbieten. "Wir erwarten jährlich 1,5 Millionen Besucher, davon die meisten aus Hamburg und dem Umland", sagte Unterlehberg dem Abendblatt. "Das FOC ist unsere Chance."

Die ersten Nägel für das Mega-Projekt sind eingeschlagen. Mit dem britischen Immobilien-Konzern GVA Grimley steht ein Investor bereit, der sein Konzept eines "Designer Village" in Neumünster umsetzen möchte. Als Standort ist das alte Industriegebiet Süd ausgeguckt. Das Areal liegt an einer Umgehungsstraße und keinen Kilometer entfernt von der A 7. Von Hamburg sei es ein Katzensprung, meinte Unterlehberg und erinnerte an Erfahrungswerte der anderen fünf FOCs in Deutschland. Demnach fahren Kunden bis zu 90 Minuten Auto für "Designer-Klamotten" zu Schnäppchenpreisen.

Unumstritten ist das Shopping-Center de Luxe nicht. Viele Kaufleute in Neumünster fürchten Kundenschwund und Umsatzeinbußen. "Die Geschäfte in der gesamten Innenstadt werden ein Problem bekommen", warnte der geschäftsführende Gesellschafter des Bekleidungshauses Nortex, Dieter Ohlhoff. Auch bei Karstadt schrillen die Alarmglocken, zumal es im FOC neben Kleidung für Herren, Damen und Kinder auch Sportartikel und Geschenke geben soll. Und das in einer Dimension, die bisher in Neumünster mit seinen knapp 80 000 Einwohnern undenkbar war. Das FOC soll 35 Geschäfte beherbergen, 60 Millionen Jahresumsatz machen und 1450 Parkplätze bieten.

"Ich nehme die Sorgen der Kaufleute ernst", versicherte Unterlehberg. Er geht allerdings davon aus, daß das FOC viele neue Kunden nach Neumünster lockt, von denen einige auch durch die Innenstadt bummeln. "Das bringt zusätzliche Umsätze." Zugleich drückt der Oberbürgermeister aufs Tempo. Wenn Neumünster nicht schnell auf das FOC setze, werde die Bedeutung der Stadt als Einkaufszentrum sinken. "Neumünster steckt in der Zange zwischen Kiel und Kaltenkirchen." Im nahen Kiel entsteht mit dem Citti-Park einer der größten Konsumtempel im Land. Im nahen Kaltenkirchen erweitert Dodenhof seine Verkaufsflächen. "Die Jungs sind bald am Markt."

Klar ist, daß Unterlehberg nicht allein steht. Die Landesregierung hat gegen seine Pläne "grundsätzlich" nichts einzuwenden, weil Neumünster als Oberzentrum ein Shopping-Center aufnehmen darf. In Niedersachsen waren daran gerade die FOC-Pläne Soltaus gescheitert. Noch wichtiger für Unterlehberg: CDU und SPD im Neumünsteraner Rathaus befürworten das Zukunftsprojekt, haben jedoch noch Fragen, etwa zu weiteren Investoren. CDU-Fraktionschef Torsten Geerdts setzte sich deshalb gestern dafür ein, daß die Ratsversammlung den Grundsatzbeschluß für ein FOC vertagt. Zweifel, daß Neumünster in das große Geschäft einsteigt, hat er nicht. "Die Ampel steht auf Grün."