Nach dem Tod von drei Jugendlichen auf einer Klassenfahrt in der Türkei hat einer der Mitschüler schwere Vorwürfe gegenüber seinem Klassenlehrer erhoben. Am Donnerstag nahmen Freunde und Angehörige von dem jüngsten Opfer bei einer Trauerfeier Abschied. Zu dem Gottesdienst erschienen über hundert Leute.

Nach dem Tod von drei Jugendlichen auf einer Klassenfahrt in der Türkei hat einer der Mitschüler schwere Vorwürfe gegenüber seinem Klassenlehrer erhoben. Im NDR sagte der 19-Jährige, der Lehrer (55) habe sich kaum um die Gruppe gekümmert. Nach der schicksalhaften Wodka-Party in einem Urlauberhotel im Badeort Kemer hätte sein Klassenkamerad Rafael (21) mehr als 20 Stunden in seinem Hotelzimmer gelegen, bevor der Lehrer nach ihm schaute.

Insgesamt hatten sechs Schüler unwissentlich mit Methanol gepanschten Schnaps getrunken. Am Sonnabend waren zwei weitere Jugendliche an den Folgen gestorben. Die Schule, das Lübecker Bildungszentrum Mortzfeld, wollte am Mittwoch nicht zu den Anschuldigungen Stellung nehmen. Der Geschäftsführer der Lehrergewerkschaft GEW Schleswig-Holstein, Bernd Schauer, sagte dem Abendblatt: "Ein Lehrer auf einer Klassenfahrt muss sich natürlich um seine Schüler kümmern und die Fürsorge tragen." Man dürfe allerdings nicht außer Acht lassen, dass die Jugendlichen gegen das generelle Alkoholverbot auf Klassenfahrten verstoßen hätten. "Das gilt laut Schulgesetz auch für volljährige Schüler." Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt nicht gegen den Lehrer. "Wir haben jetzt mit der Zeugenbefragung der Schülergruppe begonnen. Von dem Ergebnis hängt es ab, wie wir weitermachen", sagte Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Schultz dem Abendblatt.

Inzwischen haben Angehörige und Freunde am Donnerstag bei einer Trauerfeier Abschied von dem jüngsten Opfer genommen. Zu dem Gottesdienst in der evangelischen Kirche in Stockelsdorf bei Lübeck waren mehr als hundert Menschen erschienen, darunter auch viele Mitschüler und Lehrer des 17-Jährigen.

In der Türkei arbeiten die Behörden mit Hochdruck an dem Fall. Zwei Manager des Anatolia Beach Hotels sowie ein weiterer Verdächtiger wurden in Untersuchungshaft genommen. Der Getränkelieferant ist - anders als zwischenzeitlich gemeldet - weiter flüchtig. Es soll sich um den Inhaber der Firma Germiyan Pazarlama handeln. Nach Angaben des Anwalts der Familie des toten Schülers Rafael N., Frank-Eckhard Brand, soll der Unternehmer bereits verurteilt worden sein, weil er gemeinsam mit seinem Bruder Schnaps schwarzgebrannt hatte und an den Folgen ein Mensch gestorben war. Die beiden seien jedoch auf freiem Fuß gewesen.

Nach den neuen Todesfällen werden in der Türkei die Rufe nach einem schärferen Vorgehen gegen die Alkoholpanscher immer lauter. In den vergangenen vier Jahren hatten staatliche Kontrolleure allein in der Touristenregion um Antalya 229 Unregelmäßigkeiten bestraft. 24 Hoteliers wurden angeklagt. Insgesamt hatte es 2359 Kontrollen gegeben, 264 000 Flaschen mit illegalem Alkohol waren sichergestellt worden. Auch am Mittwoch soll es nach Angaben türkischer Nachrichtenagenturen Durchsuchungen gegeben haben. Nicht zuletzt wegen des drohenden Imageschadens forderte der Vorsitzende des türkischen Hotelierverbands, Ahmet Barut, jetzt "härteste Strafen ohne Ansehen der Person".