Die Menschen in Otersen haben für den Erhalt ihrer Lotto-Annahmestelle gekämpft und doch verloren. Seit dem Wochenende können sie im Dorfladen des 500-Seelen-Ortes im Kreis Verden keine Tippscheine mehr abgeben. Weil der Umsatz nur bei wöchentlich etwa 700 Euro lag, kündigte Lotto Niedersachsen dem von einer Bürgergesellschaft betriebenen Tante-Emma-Laden.

Otersen. Landesweit müssen 65 unrentable Annahmestellen schließen, die meisten in der Provinz. "Die Menschen auf dem Land sind immer die Dummen", ärgert sich Günter Lühning, der das Konzept des Dorfladens entwickelte. Die nächste Annahmestelle sei nun fünf Kilometer entfernt und mit dem Bus sehr schlecht zu erreichen.

Geschäftsführerin Edith Pape räumt am Dienstag mit einem wehmütigen Gefühl den Lotto-Tresen ab. Wann Lesegerät, Schilder und Tafeln abgeholt werden, weiß sie noch nicht. So lange sie denken kann, konnte man in Otersen die Glückszahlen tippen. Nun befürchtet die 52-Jährige, dass mit dem Rückzug von Lotto auch die Existenz des als Modellprojekt ausgezeichneten Ladens und der vier Angestellten gefährdet ist. "Viel weniger darf es nicht werden, dann sieht es schlecht aus", sagt sie. Pape hat Angst, dass die Kunden fernbleiben, die nicht nur Lotto spielten, sondern sich auch auf einen kleinen Schnack trafen und ein paar Lebensmittel mitnahmen.

Lotto-Chef Rolf Stypmann hält den Proteststurm aus Otersen für übertrieben. Dass sich jetzt Politiker wie Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) für den Dorfladen einsetzen, könne er nicht verstehen. Die Politiker hätten doch für den neuen Glücksspiel-Staatsvertrag gestimmt, und dieser sehe nun mal die Reduzierung der Annahmestellen vor. Bei 700 Euro Lotto-Umsatz fehle dem Dorfladen jetzt knapp 43 Euro Provision in der Woche, gibt Stypmann zu bedenken. Dies könne die Existenz des Ladens wohl kaum gefährden.

Nach Angaben von Lotto Niedersachsen war ursprünglich sogar 93 Annahmestellen gekündigt worden, 28 Kündigungen wurden zurückgenommen. So darf eine allein erziehende Mutter mit zwei Kindern im Raum Osnabrück ihre Annahmestelle doch weiter betreiben. "Wir haben Härtefälle berücksichtigt", sagt Lotto-Sprecher Herbert John. "Wenn sich die Supermärkte oder die Post aus den Dörfern zurückziehen, ist der Aufschrei nicht so groß wie bei uns." Dorfladen-Gründer Günter Lühning schlug vor, statt auf dem Land doch die vielen Annahmestellen in der Stadt zu reduzieren. Allerdings machen Lotto zufolge allein die Verkaufsstellen im Hauptbahnhof Hannover 50 000 Euro Umsatz in der Woche.

Weitere Kündigungen sind zurzeit nicht geplant, allerdings werden im Krisenjahr 2009 vermutlich viele Kiosk- und Tante-Emma-Laden-Besitzer aus wirtschaftlichen Gründen ohnehin aufgeben müssen. Von den etwa 2450 Annahmestellen in Niedersachsen sollen zudem 450 auf die als suchtgefährdend geltenden Sportwetten und KENO verzichten. In Otersen wollen die 70 Gesellschafter des Dorfladens, die zusammen 60 000 Euro investierten, weiter um den Erhalt ihres 2001 neu eröffneten Geschäftes kämpfen. Im vergangenen September wurde ein Ausbildungsplatz für eine Verkäuferin geschaffen, sie soll auf jeden Fall ihre Ausbildung beenden können.