Innenminister Schünemann fordert Filter, um gefährliche Seiten zu sperren.

Hannover. Weniger Straftaten und eine bessere Aufklärungsquote als im Vorjahr, Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann kann mit der Kriminalstatistik für 2008 eigentlich zufrieden sein. Aber ein explosionsartiger Anstieg der Straftaten im Internet und hier allein ein Anstieg um 80 Prozent in einem Jahr bei der Kinderpornografie sind auch für Schünemann nicht allein mit dem gewachsenen Fahndungsdruck durch die Spezialisten des Landeskriminalamtes zu erklären.

2008 wurden 1238 Fälle von Besitz oder Beschaffung von Kinderpornografie mit Tatort Niedersachsen registriert, die entsprechende Sonderermittlungsgruppe im Landeskriminalamt hat insgesamt sogar 2200 Fälle bearbeitet, davon 1900 mit Computeradressen in Deutschland. Minister Schünemann drängt die Internetprovider, Filter gegen Kinderpornografie einzurichten, und appellierte gestern an die Eltern, sich mehr darum zu kümmern, dass ihre Kinder im Internet keinen jugendgefährdenden oder gar strafrechtlich relevanten Inhalten ausgesetzt werden. So könne man etwa Modems verwenden, in der bestimmte Adressen und Datenbanken für kindliche Nutzer blockiert werden.

Zwei weitere Felder machen Schünemann Sorgen: Während die Zahl der tatverdächtigen Ausländer sinkt, steigt sie gegen den Gesamttrend bei den Aussiedlern noch an. Und Handlungsbedarf sieht Schünemann auch, weil die Zahl der tätlichen Übergriffe auf Polizisten weiter gestiegen ist - um fast 100 auf 2500 allein im vergangenen Jahr.

Weil aber andere Bereiche wie der Diebstahl deutliche Rückgänge verzeichneten, fiel die Bilanz trotz Zuwächsen bei der Internetkriminalität für Niedersachsen insgesamt positiv aus. Die Zahl der Straftaten ging 2008 um 17 000 oder knapp drei Prozent auf 590 000 zurück, die Aufklärungsquote stieg um 1,7 Prozentpunkte auf jetzt 58,5 Prozent. Damit sieht Minister Schünemann die 60-Prozent-Marke "bereits im Blickfeld".

Von 237 000 Tatverdächtigen waren knapp 34 000 Ausländer, das liegt immer noch deutlich über ihrem Bevölkerungsanteil, aber die Abnahme der Tatverdächtigen ist mit 2700 eben auch besonders deutlich. Dagegen ist die Zahl tatverdächtiger Aussiedler um 1200 auf 18 200 gestiegen, bei den hier besonders häufigen Rohheitsdelikten war in 43 Prozent der Fälle Alkohol im Spiel. Niedersachsen hat vor zwei Jahren als erstes Bundesland die Statistik um Angaben über Spätaussiedler ergänzt.

Im Jahr 2008 registrierte die Polizei 261 Fälle von Mord und Totschlag, dabei blieb es in 188 Fällen beim Versuch. Die Aufklärungsquote betrug über 97 Prozent.

Aufklärung für die Ursachen der wachsenden Gewalt gegen Polizisten erhofft sich der Minister durch eine neue Studie in Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen. Die Tatverdächtigen sind zu 90 Prozent Männer, immer häufiger alkoholisiert und immer aggressiver.

Begrüßt wird die Studie auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die gestern bei Mehrfachtätern ein härteres Vorgehen forderte. Die GdP schlägt vor, jungen und besonders aggressiven Tätern den Führerschein zu entziehen - wegen der hohen abschreckenden Wirkung.