Sie ziehen vor Gericht, weil sie um ihre Existenz fürchten. “Wenn das nicht klappt, dann war's das.“ Noch gibt es hier reichen Fang.
Fedderwardersiel. Krabbenfischer Söhnke Thaden wirft seine Netze am liebsten im Bereich Nordergründe rund 13 Kilometer vor der ostfriesischen Insel Wangerooge aus. "An vier von fünf Tagen fische ich dort", sagt Thaden. "Das ist ein sehr lukratives Gebiet." Noch, denn hier soll bis 2010 ein Windpark errichtet werden.
Dagegen hat der Fischer aus Fedderwardersiel in der Wesermarsch jetzt zusammen mit sieben weiteren Kollegen eine Sammelklage beim Verwaltungsgericht Oldenburg eingereicht. "Das ist der letzte Strohhalm, an den wir uns klammern", sagt der 39-Jährige, "wenn das nicht klappt, dann war's das." Das Mitglied der Interessengemeinschaft Elbe-Weser Fischer befürchtet "massive Einschnitte" durch den geplanten Windpark. "Viele gute Fanggebiete sind in den vergangenen Jahren bereits durch die Vertiefungen von Elbe, Jade und Weser verloren gegangen, weil sich dadurch die Fließgeschwindigkeit der Flüsse erhöht hat", sagt Thaden. In der starken Strömung könne nicht gefischt werden. Zudem sorgten die Unterhaltungsarbeiten für ständige Unruhe, was sich auf die Bestände auswirke.
Im Bereich der Nordergründe in der Außenweser "sei die Welt dagegen noch in Ordnung". Dort gebe es genug Nahrung für die Krabben und keine baulichen Einflüsse. Die acht klagenden Krabbenfischer erzielen hier nach Angaben von Thaden zwischen 25 und 45 Prozent ihres Jahresfangs. Der liege zwischen 50 und 100 Tonnen je nach Größe des Betriebs.
Der geplante Windpark träfe die Elbe-Weser Fischer auch deshalb besonders hart, weil viele Tagesfischerei betrieben. "70 Prozent der Betriebe haben weder einen Kühlschrank noch ein WC an Bord", sagt Thaden, der seit über 20 Jahren Krabben fischt und im zwölften Jahr mit seinem eigenen Kutter rausfährt. Für sie seien weitere Wege in andere Fanggebiete kaum machbar. Sie müssten entweder aufhören oder in größere Schiffe investieren.
"Wir räumen der Klage Erfolgsaussichten ein, sonst hätten wir sie nicht erhoben", sagt Matthias Klasen, der die Krabbenfischer als Anwalt vertritt. Allerdings habe er in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, dass es schwierig sei, solche Verfahren zu stoppen. Die Bremer Firma Energiekontor will in den Nordergründen vor Wangerooge 18 Offshore-Windkraftanlagen der Fünf-Megawatt-Klasse bauen.
Die Gemeinde Wangerooge hatte im vergangenen Dezember mit ihrer Klage gegen das Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg, das bereits Vorgenehmigungen erteilt hatte, eine Niederlage erlitten. Das Verwaltungsgericht Oldenburg hatte sie als unzulässig abgewiesen. Da der geplante Park außerhalb des Gemeindegebiets läge, fehle der Insel die Klagebefugnis. Gegen das Urteil hat die Gemeinde nach Angaben ihres Bürgermeisters Holger Kohls (parteilos) inzwischen die Zulassung einer Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg beantragt.
Da der Offshore-Windpark innerhalb der niedersächsischen Zwölf-Seemeilen-Zone geplant ist, befürchtet Kohls nachteilige Folgen für den Tourismus: "Die Windmühlen sind mehr als 150 Meter hoch, da sind 13 Kilometer keine Entfernung", erklärt Kohls. "Das beeinträchtigt das Landschaftsbild." Darüber hinaus erhöhe die Lage des Parks die Gefahr von Schiffskollisionen, die wiederum zu Ölverschmutzungen an den Stränden führen könnten.
"Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt Krabbenfischer Thaden mit Blick auf die Sammelklage. Doch wann darüber verhandelt wird, ist unklar. Ein Termin steht derzeit noch nicht fest. Im nächsten Jahr soll der Windpark gebaut werden.