Zwei Busfahrer nahmen den Schüler nicht mit, weil er seine Fahrkarte vergessen und auch kein Geld dabeihatte.

Uetze/Hannover. Eigentlich gibt es bei RegioBus in Hannover eine klare Dienstanweisung für alle Fahrer: Kinder und Jugendliche dürfen auch dann, wenn sie weder Geld noch ein gültiges Ticket haben, auf gar keinen Fall stehen gelassen werden.

Aber in Uetze bei Celle ist es dennoch passiert, und das gleich zweimal innerhalb von weniger als fünf Minuten. Das Resultat: Der elfjährige Nico musste sich zu Fuß auf den Heimweg machen, mit seinem rund sechs Kilo schweren Ranzen knapp neun Kilometer bei kaltem Schmuddelwetter bis Dollbergen marschieren. Dort wartete seine Großmutter ungeduldig und verängstigt, weil der sonst so zuverlässige Enkel ausblieb. Der war zu allem Überfluss mit Halskrause unterwegs. Nico musste sie nach einem Sportunfall tragen. Der Junge ging auf einem Feldweg abseits der Straße, weil er Angst hatte, dass ihn ein Fremder aus dem Auto ansprechen könnte. Zweieinhalb Stunden brauchte er für die Strecke.

Nun muss die Frage geklärt werden, ob es sich hier um eine Verkettung unglücklicher Umstände handelt oder ob - ähnlich wie bei zahlreichen jüngst bekannt gewordenen Fällen bei der Deutschen Bahn AG - das Personal gegen die eindeutigen Dienstanweisungen verstoßen hat.

Dabei steht Aussage gegen Aussage, denn die Großmutter von Nico zitiert einen der beiden Fahrer mit der eindeutigen Aufforderung: "Steig aus, ich habe keine Zeit, ich muss den Fahrplan einhalten." Diesen Satz, da ist sie sich sicher, könnten auch zahlreiche Schulkameraden bestätigen.

Klar ist: Die Fahrer wissen, dass die meisten Kinder, die ins Schulzentrum Uetze gehen, weite Heimwege in die Dörfer der Region haben. Kaum zu glauben: Es ging um 1,20 Euro quer durch alle Zonen, denn Kinder bis zu 14 Jahren fahren beim kommunalen Unternehmen RegioBus (Region Hannover und Landkreis Nienburg) preiswert. Aber Nico hatte eben nicht nur seine Schulcard vergessen, sondern er hatte auch kein Geld dabei.

"Absolut unglücklich" nennt der Sprecher von RegioBus, Tolga Otkun, das, was sich da in der vergangenen Woche vor dem Schulzentrum Uetze zugetragen hat. Und angesichts der Aussage von Nicos Großmutter sollen nun die beiden Fahrer auch erneut intensiv zum Ablauf befragt werden. Nach deren bisheriger Schilderung nämlich ist wirklich alles nur schiefgelaufen, ohne jede böse Absicht. Der Junge habe den Bus bestiegen, keine Fahrkarte vorweisen können und sei in beiden Fällen sofort wortlos ausgestiegen, als die Fahrer ihn aufforderten, ein Ticket zu lösen. Nur deshalb, so versichert Sprecher Otkun von RegioBus, hätten die Fahrer auch gar keine Gelegenheit gehabt, den Jungen darüber aufzuklären, dass er natürlich nicht stehen gelassen werde.

Genau dies, keine Kinder und Jugendlichen abzuweisen, ist für RegioBus-Sprecher Otkun ganz eindeutig: "Die Sicherheit der Fahrgäste steht immer vor der Sicherheit der Einnahmen."

RegioBus ist schließlich nicht irgendein Unternehmen, sondern gehört zu den großen Transporteuren bundesweit mit allein 60 000 Schülertransporten pro Tag, mit 700 Mitarbeitern und bis zu 400 Bussen im täglichen Einsatz.

Dutzende von vergessenen Fahrkarten registriert laut Otkun das Unternehmen täglich. Dann würden routinemäßig die Personalien aufgenommen und Schüler oder Eltern Gelegenheit gegeben, in den darauffolgenden Tagen die Schulcard vorzuweisen.