Die Landesregierung distanziert sich von den Plänen der Bundesregierung und lehnt neue Trassen für Hochspannungsleitungen ab.

Hannover. Niedersachsen fordert ein Bundesgesetz zur Suche eines Atommülllagers in Deutschland. „Bislang fehlende Rahmenvorgaben für die Anforderungen an den dauerhaften Verbleib hoch radioaktiver Abfälle, die Suche und die Auswahl geeigneter Standorte bzw. für deren Findungsprozesse sind gesetzlich zu regeln“, heißt es im Positionspapier der Landesregierung zur beschleunigten Umsetzung des Energiekonzeptes der Bundesregierung.

Allerdings glaubt Ministerpräsident David McAllister (CDU) nicht, dass die Einführung eines solchen Gesetzes bis zur Verabschiedung des Energiekonzeptes am 8. Juli möglich sei. Dazu sei der Zeitplan zu eng und das bereits vorliegende Gesetzespaket zu riesig. Anfang der Woche hatte sich die Regierungskoalition in Berlin auf einen Atomausstieg bis spätestens 2022 geeinigt.

„Dies schließt die ergebnisoffene Weitererkundung von Gorleben ebenso ein wie ein Verfahren zur Ermittlung allgemeiner geologischer Eignungskriterien und möglicher alternativer Entsorgungsoptionen“, zitierte der CDU-Politiker am Dienstag in Hannover das Positionspapier. „Der Bund will Gorleben weiter erkunden. Aber wir haben immer als Niedersachsen gesagt, der Bund muss für den Fall vorbereitet sein, dass Gorleben nicht geeignet ist.“

Auch die Rückholbarkeit sei ein nicht unerhebliches Kriterium, welches Niedersachsen in die Diskussion einbringen werde, betonte McAllister. Dieser Prüfung müsse sich auch Gorleben stellen, „da ansonsten die Möglichkeit andere Bundesländer mit ins Boot zu holen gleich wieder verschüttet wird“, ergänzt Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Zuletzt hatte sogar der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eine bundesweite Suche gefordert.

Der zweite zentrale Punkt im Positionspapier der schwarz-gelben Landesregierung ist der Netzausbau. Niedersachsen lehnt die vom Bund geforderte zentrale Planung neuer Hochspannungstrassen durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) kategorisch ab. „Nach Einschätzung der Landesregierung sind bei der BNetzA die fachlichen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen für eine Aufgabenwahrnehmung nicht vorhanden“, heißt es im Positionspapier des Landes zur beschleunigten Umsetzung des Energiekonzeptes der Bundesregierung.

Nach Meinung des Landes müsse bei der BNetzA eine völlig neue Behördenstruktur aufgebaut werden, während bei den Ländern erfahrene und gut funktionierende Strukturen vorhanden seien. „Daher ist davon auszugehen, dass eine Aufgabenübertragung (...) auf den Bund nicht zur Verfahrensbeschleunigung führt, sondern vielmehr neue Hemmnisse entstehen lässt.“ Zudem pocht Niedersachsen auf den Einsatz von Erdkabeln. So sollen Konflikte mit Anwohnern gemildert werden.

Für die betroffenen Gemeinden solle es ferner regelmäßige Ausgleichszahlungen entsprechend der Trassenlänge geben. Dafür sollen die Netzbetreiber zur Kasse gebeten werden. Um die Verfahrensdauer insbesondere bei den dringlichen Abschnitten zu verkürzen, schlägt Niedersachsen zudem verbindliche Fristen und sogar die Einführung von Bußgeldern für die Betreiber vor, sofern Anträge verzögert werden.

Die Grünen im niedersächsischen Landtag bezeichnete das Positionspapier als „lückenhafte Diskussionsgrundlage“. „Das Bekenntnis zum Abschalten der alten Atomkraftwerke begrüßen wir ausdrücklich; der Zeitplan für die Abschaltung der restlichen Reaktoren und der Start für die Energiewende müssen aber mit einem Stufenplan beschleunigt werden“, sagte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. Unabdingbar sei zudem ein Neuanfang bei der Endlagersuche.

„Gorleben soll ergebnisoffen weiter erkundet werden – das ist falsch“, kritisierte auch Kurt Herzog (Linke). Er forderte ein Gesamtkonzept, das alle Fragen zur Laufzeitverkürzung, zur Endlagerung, zu den Castor-Transporten und zur Förderung der erneuerbaren Energien einschließe.

Lediglich die SPD zeigte sich offen für das Positionspapier von Schwarz-gelb. „Ich begrüße die Einschätzung des Ministerpräsidenten, dass das vorgelegte Papier nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann“, sagte Fraktionschef Stefan Schostok. Nach einer eingehenden Prüfung werde die SPD Ergänzungsvorschläge und Korrekturwünsche vorlegen. „Die SPD wird sich aber einem konstruktiven Dialog nicht verschließen.“

Am Mittwoch will Staatssekretärin Christine Hawighorst das Positionspapier dem Bundeskanzleramt übergeben. Es soll dort als Arbeitsgrundlage für die am Freitag in Berlin stattfindende Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Regierungschefs der Länder eingebracht werden. (dpa)