Der Aufmarsch der NPD in Greifswald war juristisch nicht zu verhindern. Die Gegendemonstranten schafften jedoch, massiv dabei zu stören.

Greifswald. Ein Aufmarsch der rechtsextremen NDP zum 1. Mai in Greifswald ist von mehr als 1000 Gegendemonstranten massiv behindert worden. Es dauerte knapp zwei Stunden, bis sich die rund 300 Rechtsextremisten am Sonntag überhaupt in Bewegung setzen konnten. Die Polizei zählte insgesamt zwölf Blockaden, die den Zug immer wieder stoppten. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam es bis zum Nachmittag nicht. Gegen rund 170 Blockierer wurden Platzverweise ausgesprochen, einige kamen in Gewahrsam. Nach gut vier Stunden und etwa der Hälfte der Strecke wurden die NPD-Anhänger von der Polizei zum Umdrehen aufgefordert, was sie auch befolgten.

Schon am Morgen hatten sich rund 3000 Demonstranten in Greifswald zusammengefunden, um gegen den NPD-Aufmarsch zu demonstrieren. Auch Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) und Innenminister Lorenz Caffier (CDU) nahmen teil. Beide wollten damit ein Zeichen gegen rechts setzen. Caffier sagte, dass die NPD die gleichen Rechte wie jede andere Partei habe, solange sie nicht verboten sei. Er zeigte sich über den friedlichen Verlauf zufrieden. Oberbürgermeister Arthur König (CDU) sagte, die Extremisten schürten Menschenfeindlichkeit und Hass. „Das nehmen wir als Bürger dieser Stadt nicht hin.“ Anschließend trafen sich viele Greifswalder zu einem Fest der Demokratie, das bis weit in den Nachmittag dauerte.

Klare Worte hatte am Morgen auch der Bischof der Pommerschen Evangelischen Kirche, Hans-Jürgen Abromeit, im Greifswalder Dom gefunden. Er warnte vor der „braunen Saat“, die Deutschland und Europa nahe an den Abgrund brächte. Laut christlicher Botschaft bestehe kein Unterschied zwischen den Menschen. Der NPD-Aufmarsch war vom Oberverwaltungsgericht genehmigt worden. Abromeit bezeichnete es als „Trauerspiel, dass es nicht gelungen ist, den Zug zu verbieten.“

In der Nacht zu Sonntag hatte es in der Stadt Attacken mit vermutlich rechtsextremem Hintergrund gegeben. Nach Angaben der Polizei wurden drei junge Leute von zwei Männern geschlagen und getreten. Ein 19-Jähriger musste mit Kopfverletzungen in eine Klinik gebracht werden. Zuvor hatten etwa zehn vermutlich Rechtsextreme teils maskiert und mit Stöcken bewaffnet sechs Mitglieder der DGB-Jugend angegriffen, die Plakate anbringen wollten.

Zu den traditionellen Mai-Kundgebungen der Gewerkschaften kamen nach DGB-Angaben landesweit rund 7000 Menschen. Das Motto in Greifswald, Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Güstrow, Torgelow und Teterow lautete: „Das ist das Mindeste!“ Damit sollte den Forderungen nach „fairer und regulärer Arbeit“ Ausdruck gegeben werden.

Nach Worten von DGB-Nord-Vize Ingo Schlüter bietet sich in Mecklenburg-Vorpommern die Chance, das Thema „Gute Arbeit“ nach vorn zu bringen und den Ruf des Billiglohnlandes zu überwinden. Der DGB trete dafür ein, mit EU-Geld konsequent attraktive Arbeitsplätze zu fördern, einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde einzuführen und die Leiharbeit wieder zu regulieren. „Jeder und jede wird gebraucht“, betonte Schlüter bei der Kundgebung in Greifswald. Er warnte die Arbeitgeber davor, bei der ab 1. Mai geltenden Arbeitnehmerfreizügigkeit systematisch grenzüberschreitende Leiharbeit einzusetzen, um Unsicherheiten zu erzeugen. Er forderte „gleiche Bezahlung vom ersten Tag an“.

(dpa)