Mit dem Nervengift Tabun gefüllte Munition wurde 1949 auf Anweisung der britischen Militärverwaltung südlich von Helgoland versenkt.

Kiel. Natur- und Umweltschutzverbände haben am Mittwoch von der Kieler Landesregierung ein sofortiges Fischereiverbot vor Helgoland gefordert. Im dortigen Munitionsversenkungsgebiet würden Kampfstoffe aus dem Zweiten Weltkrieg unkontrolliert aus Behältern entweichen, heißt es in einer Erklärung der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM), der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) und dem Naturschutzbund (NABU) Schleswig-Holstein. Für Fischer bestehe akute Lebensgefahr, wenn die Munition sich in Netzen verfange und gehoben werde. 1949 wurde auf Anweisung der britischen Militärverwaltung mit dem Nervengift Tabun gefüllte Munition etwa vier Kilometer südlich von Helgoland rund 50 Meter tief versenkt.

Das Kieler Innenministerium hatte im Februar ein Fischereiverbot und eine Einschränkung von Marine-Manövern empfohlen. Das Landwirtschaftsministerium ringe sich dagegen nicht zu einem Fischereiverbot durch, kritisierte die Meeresbiologin Petra Deimer vom GSM. Ministeriumssprecher Gerald Finck sagte dazu auf Anfrage, das Munitionsversenkungsgebiet sei bereits auf amtlichen Seekarten als Gefahrengebiet für die gesamte Schifffahrt ausgewiesen. „Das wissen auch die Fischer, die schon aus Eigeninteresse aufgefordert sind, diese Flächen zu meiden“, sagte Finck. Für ein Fischereiverbot zur Gefahrenabwehr sei der Bund zuständig und verhänge dies zum Beispiel bei der Verlegung von Kabeltrassen. Das Land könne ein Verbot nur aus fischereirechtlichen Gründen aussprechen.

Tabun ist ein Nervenkampfstoff, der über die Haut und mit dem Atmem aufgenommen wird. Im Meerwasser ist Tabun löslich und wird zu anderen organischen Verbindungen abgebaut, die in der Nordsee natürlich vorkommen. An der Luft aber verbreitet die Substanz ihre gefährliche Wirkung. Die Symptome reichen von Kopfschmerzen, Übelkeit und Krämpfen bis hin zu Bewusstlosigkeit und Tod durch Atemlähmung. Nur Ganzkörperanzug und Maske mit Atemfilter können ausreichenden Schutz bieten.