Inzmühlen. Schäferin Andrea Herold bangt um ihre trächtigen Heidschnucken, weil unangeleinte Hunde die Tiere hetzen. Was sie fordert.
Der Ton ist manchmal ganz schön rau. Wenn Schäferin Andrea Herold Hundehalter darauf aufmerksam macht, doch ihre Vierbeiner im Naturschutzgebiet anzuleinen und auf den gekennzeichneten Wanderwegen in der Lüneburger Heide zu bleiben, dann werde ihr auch schon mal gedroht. Einsichtig zeigten sich nur wenige. Und das kann gefährlich werden: Ihre Heidschnucken sind derzeit hochtragend. Rennt ein Hund in die Herde, können die Muttertiere so gestresst sein, dass sie ihre Lämmer noch vor der Geburt verlieren. „Frei laufende Hunde sind inzwischen gefährlicher für unsere Schafe als der Wolf“, sagt sie.
Lüneburger Heide: Jagende Hunde können für Fehlgeburten sorgen
Mit Beginn der Corona-Pandemie haben sich viele Menschen Hunde angeschafft, hat Andrea Herold beobachtet. Sie hat auch bemerkt, dass immer mehr Hundehalter mit ihren Vierbeinern die offiziellen Wanderwege verlassen und quer durch die Heide spazieren gehen. Häufig laufen die Hunde dabei frei ohne Leine. „Unsere Schnucken sind jetzt hochtragend und die Heideflächen im Moment die einzigen Futterflächen.
Täglich haben wir Probleme mit nicht angeleinten Hunden und extrem uneinsichtigen Menschen, die mitten durch die Heideflächen gehen“, sagt sie. In den Wintermonaten unterstützen Maschinen die Heidschnucken beim Verbiss der Heide, die dadurch verjüngt wird. Diese Maschinen hinterlassen Fahrspuren, und viele Spaziergänger nutzen diese Spuren nun als Wege. „Das sind aber keine Wanderwege und auch keine Flächen zum Austoben der Hunde“, so Frau Herold.
Sie und ihr Mann betreiben seit 21 Jahren ihre Schäferei in Inzmühlen in der Lüneburger Heide. Auch über die sozialen Medien wie Facebook appelliert sie nun: „Bitte bleiben Sie auf den Wegen und nehmen Sie Rücksicht auf das Naturschutzgebiet, das Wild und auf die Heidschnuckenherden.“
Hunde in der Heide stressen die Heidschnucken
Wie gefährlich Hunde für die tragenden Mutterschafe werden können, hat sie bereits erleben müssen. Als ein Jack-Russell-Mischling ihre Herde vor etlichen Jahren aufgemischt hatte und durch die Schafe gerannt ist, sie getrieben und die Herde geteilt hat. „Das bedeutet unheimlich viel Stress für die Heidschnucken. Wir hatten 130 Verlammungen, drei Mutterschafe sind beim Lammen verstorben.“
Häufig mache sich dieser immense Stress erst zehn oder 12 Stunden nach der Hetze bemerkbar und könne auch zehn bis zwölf Tage danach noch Auswirkungen auf das Lammen haben. „Verlammung bedeutet, dass die Frucht noch im Mutterleib stirbt“, erklärt Andrea Herold. „Das ist Stress hoch drei für meine Tiere.“ Mittlerweile seien frei laufende Hunde ein größeres Problem als die Wölfe, die Schafe reißen. „Gegen den Wolf haben wir Schutzzäune. Aber die Hundehalter sind schlimmer als die Wölfe, weil sie uneinsichtig sind.“
Schäferin: „Im Büsenbachtal gab es ähnliche Probleme"
Dass es häufiger zu Zwischenfällen mit frei laufenden Hunden kommt, liegt nach Auffassung von Andrea Herold daran, dass viele Wanderer vom beliebten Ausflugsziel und Wandergebiet Büsenbachtal nun eher dorthin in die Weseler Heide kommen. „Im Büsenbachtal gab es ähnliche Probleme. Aber seitdem dort eine Heiderangerin unterwegs ist und aufpasst, kommen die Hundehalter anscheinend lieber hierher.“ Momentan seien es vor allem Einheimische, die sich nicht an die Regeln hielten. „Meiner angestellten Schäferin wurde schon gedroht, als sie mit der Herde eine Straße überquerte. Der Autofahrer sagte: Sollte eines der Schafe sein Auto berühren, gäbe es Ärger.“
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Im Sommer kommen außerdem viele Wohnmobilfahrer mit ihren Hunden in die Gegend. „Da es kaum offizielle Stellplätze für die Wohnmobile gibt, parken die häufig mitten im Naturschutzgebiet. Es wäre sinnvoller, denen entsprechende offizielle Flächen anzubieten“, so Frau Herold.
Appell: Lämmer in Ruhe und beim Muttertier lassen
Derzeit haben die Schäferin und ihr Mann 53 Mutterschafe, die Herde umfasst rund 400 Tiere. Im Sommer ist die Heidschnuckenherde dann etwa doppelt so groß. Noch sind die Tiere draußen in der Heide unterwegs auf den Flächen zwischen Undeloh und Wesel links und rechts der Hauptstraße in der Weseler Heide.
Wenn gelammt wird, die Muttertiere also ihre Jungen bekommen, etwa Mitte Februar geht es los und dauert bis März, kommen die Mutterschafe in den Stall. Es kann aber auch passieren, dass die Tiere ihre Lämmer bereits draußen in der Heide bekommen. Für die Tiere ist das normal und überhaupt kein Problem. Zum Problem wird es erst dann, wenn Spaziergänger meinen, dabei eingreifen zu müssen, und die Lämmer etwa wegtragen. Gut gemeint ist nicht immer wirklich gut für die Tiere. Andrea Herolds dringender Appell: „Bitte die Lämmer nicht anrühren und keinen Hund da ranlassen und auf den Wegen bleiben.“