Elsfleth/Hamburg. Am 21. Juni soll dasSegelschulschiff ausgedockt werden. Kosten der Sanierung stiegen auf 128 Millionen Euro.

Das Segelschulschiff „Gorch Fock“ soll im September 2020 an die Marine übergeben werden. Das hat die Elsflether Werft am Freitag mitgeteilt. Der Stolz der Bundesmarine wird seit Dezember 2015 grundüberholt. Die Kosten stiegen dabei von anfänglich zehn Millionen Euro auf 135 Millionen Euro. Im Januar dieses Jahres hatte die Eigentümerin der Werft, die Hamburger Sky-Stiftung, die Firmenleitung ausgewechselt. Seitdem versuchen die Nachfolger, die Sanierung des Traditionsschiffes zu Ende zu bringen. Die Werft musste allerdings zwischenzeitlich Insolvenz anmelden.

Vor Gericht tobt derweil ein erbitterter Streit um Werftgelder, die die entlassenen Vorstandsmitglieder Marcus Reinberg und Klaus Wiechmann in eigene Unternehmungen gesteckt hatten.

Überarbeitete Projektplanung vorgelegt

In der Mitteilung der Werft vom Freitag heißt es: „Die Elsflether Werft AG hat termingerecht und gemäß Verpflichtungserklärung vom 14. März 2019 der Marine heute eine überarbeitete Projektplanung sowie eine Neukalkulation des Projektes ,Instandsetzung SSS Gorch Fock‘ vorgelegt.“ Die von der Marine vorgegebene Kostenobergrenze werde eingehalten. Als Ablieferungstermin an die Marine zur Erprobung sei September 2020 vorgesehen. Axel Birk, Vorstand der Elsflether Werft AG, sagte: „Die Belegschaft der Elsflether Werft ist hochmotiviert, diese schiffbauliche Aufgabe fortzuführen. Aktuell arbeiten wir an der Einhaltung des Ausdocktermins am 21. Juni 2019. Es ist unser Ziel, das Segelschulschiff erfolgreich zu Wasser zu bringen und anschließend hochseetauglich zu machen.“

Pieter Wasmuth, Aufsichtsratsvorsitzender der Elsflether Werft AG, ergänzte: „Wir hoffen, damit die Grundlage für eine positive Fortführungsentscheidung der Marine zur Instandsetzung der ,Gorch Fock‘ erarbeitet zu haben.“

Ermittlungen wurden ausgeweitet

Hier Schiffbauer, dort Anwälte und Staatsanwälte: Der „Gorch-Fock“-Skandal hat mehrere Gesichter. In Osnabrück versucht die Staatsanwaltschaft seit Monaten, Licht ins Dunkel zu bringen. Haben sich Markus Reinberg und Klaus Wiechmann der Untreue schuldig gemacht? Sie bestreiten die Vorwürfe. Dennoch: Anfang April wurden die Ermittlungen ausgeweitet, eine Sonderkommission mit dem Namen „Wasser“ wurde gegründet. Wenig passender Arbeitsort, extra für die Soko angemietet: eine Lagerhalle in einem Gewerbegebiet.

Im Zentrum der Arbeit dürften weitere Erkenntnisse zu den mindestens 12.311.766 Euro stehen, die so unaufhaltsam wie Wasser von der Werft über eine Zwischenstation zur InterMARtec flossen. Die Firma gehörte damals Reinberg und Wiechmann. Die Darlehen wurden in der Zeit von August 2015 bis Dezember 2018 vergeben. Geld, für das es keine Zinsen gab, Geld, das nie getilgt, nie zurückgezahlt wurde – das der Werft also heute noch fehlt.

Ziel: Pfändungsbeschluss

Die neue Werftleitung wollte sich damit nicht abfinden – und zog vor Gericht. Ihr Ziel: Ein Arrestbefehl und Pfändungsbeschluss gegen den Hamburger Anwalt Marcus Reinberg, um wenigstens einen Teil der verschwundenen Millionen zurückzubekommen. Beim zweiten geschassten Vorstandsmitglied Klaus Wiechmann ist offenbar nichts mehr zu holen.

Seit vergangenem Mittwoch liegt dazu ein Urteil des Landgerichts Hamburg vor, das auch die Ermittler in der zugigen niedersächsischen Lagerhalle interessieren dürfte. Denn die Richter entschieden: Reinberg sei zum Schadenersatz in Höhe von „mindestens 8.412.766 Euro“ verpflichtet. Begründung: „Durch die von ihm als Vorstandsmitglied (mit-)veranlasste Ausreichung von unbesicherten Darlehen hat der Arrestbeklagte seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Arrestklägerin (der Werft) verletzt und dieser dadurch einen Vermögensnachteil zugefügt.“

Richter: Bereicherung war angestrebt

Weiter heißt es in dem Urteil, dass der Angeklagte „gemeinsam mit Herrn Wiechmann über einen Zeitraum von rund dreieinhalb Jahren planvoll und systematisch im Wege fortgesetzter Pflichtverletzung Liquidität von der Arrestklägerin abgezogen hat“. Das „System“ sei „ersichtlich darauf ausgerichtet“ gewesen, „diese (fremde) Liquidität zur Realisierung eigener Geschäftschancen einzusetzen“. Die Richter sprechen von einem „als Untreue zu qualifizierenden Verhalten“, dass „mithin auch von einem Bereicherungswillen getragen war“.

Nicht gut kam vor Gericht auch an, dass Reinberg im Februar noch rasch versucht hatte, eine ihm gehörende Villa an der Elbchaussee zu verkaufen. Die siebte Zivilkammer des Landgerichts sah darin einen Anhaltspunkt dafür, „dass der Arrestbeklagte bemüht ist, sein Vermögen beiseitezuschaffen“. Reinberg bestreitet das. Sein Anwalt Uwe Wolff erklärte am Mittwoch, sein Mandant werde das Urteil prüfen und voraussichtlich anfechten. Reinberg hat inzwischen seine Pässe abgegeben – eine häufig angewandte Methode, um einen Haftbefehl abzuwenden.