Hannover. Die Stadt fühlt sich getäuscht und hat den Auftritt eines Vizechefs der türkischen Regierungspartei AKP für Freitag abgesagt.
Die Stadt Hannover hat den Auftritt eines Vizechefs der türkischen Regierungspartei AKP an diesem Freitag abgesagt. Die Zusage zur Vermietung eines Saals in einem städtischen Freizeitheim wurde von der Stadt zurückgezogen. Mehmet Mehdi Eker, einer der 13 AKP-Vizechefs, hatte am Freitagabend auf einer Informationsveranstaltung der AKP-nahen Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) für die umstrittene türkische Verfassungsreform werben wollen.
Dass der AKP-Politiker auf der UETD-Veranstaltung auftreten wollte, war zunächst verschwiegen worden und der Stadt erst kurzfristig bekanntgeworden. Daraufhin hatten die Stadt und das Land sich über das Vorgehen beraten. Zur Absage führte der Umstand, dass über den wahren Charakter der Veranstaltung getäuscht worden war. Außerdem wollte Hannover verhindern, dass der innertürkische Streit in die Stadt hineingetragen wird.
Alternativer Veranstaltungsort in Hannover?
Die Verfassungsreform in der Türkei soll dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan weitreichende Befugnisse geben. Eine Volksabstimmung, an der auch die große Zahl von im Ausland lebenden Türken teilnehmen kann, ist für den 16. April angesetzt. Eker saß bereits im Kabinett Erdogans.
Wie der UETD-Generalsekretär Bülent Bilgi sagte, sei es in Hannover um eine Informationsveranstaltung gegangen, die jedem Besucher offen stehe. „Da kann jedermann hinkommen, auch die Kritiker, und diese können kritische Fragen stellen.“ Dazu sei auch eine Frage- und Antwortrunde vorgesehen. Ob die Veranstalter bei einer Absage des Auftritts in dem Freizeitheim einen alternativen Veranstaltungsort ins Auge gefasst haben, konnte Bilgi nicht sagen.
Nazi-Vergleiche „inakzeptabel“
Mögliche Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland waren in den vergangenen Tagen heftig kritisiert worden. Die Bundesregierung hatte Ankara nach Verbalattacken gegen Deutschland und Europa mit einem Einreiseverbot für Spitzenpolitiker gedroht. Trotzdem wollten Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande Wahlkampfauftritte türkischer Politiker im jeweiligen Land nicht generell verbieten, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag nach einem Telefonat beider Politiker mit.
Die Genehmigung gelte aber nur, wenn präzise Voraussetzungen und Vorgaben erfüllt seien: „So müssen sie rechtzeitig und transparent angemeldet werden und deutsches beziehungsweise französisches Recht und Gesetz strikt einhalten.“ Nazi-Vergleiche aus der türkischen Regierung wiesen Merkel und Hollande als „inakzeptabel“ zurück.
Pistorius gegen pauschales Auftrittsverbot
Auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius warnte vor Hetze. „Wer hetzt oder wer Nazi-Vergleiche anstellt, dem ist Einhalt zu gebieten“, sagte der SPD-Politiker. „Es gibt Regeln für solche Auftritte, die müssen eingehalten werden.“
Einem pauschalen Verbot von Auftritten türkischer Politiker vor dem umstrittenen Verfassungsreferendum erteilte Pistorius aber eine Absage. Als demokratischer Rechtsstaat und stabile Demokratie müsse man sich zutrauen, mit solchen Auftritten fertig zu werden. Gemeinsam mit den Kommunen schaue man sich jeden Einzelfall genau an.