Wilhelmshaven. Bei den Zugvogeltagen in Niedersachsen dreht sich alles um das Phänomen von Flugakrobaten auf dem Weg in ihre Winterquartiere.

Pfuhlschnepfen, Alpenstrandläufer, Berghänflinge und Schneeammern: Die Nordseeküste ist in diesen Wochen wieder Bühne für ein besonderes Naturschauspiel.

Millionen Zugvögel machen jetzt im Herbst eine Zwischenlandung und fressen sich Futter für die Weiterreise in wärmere Gebiete an. Wie im Frühjahr wird das Wattenmeer zur Tankstelle für den internationalen Flugverkehr. Bei den 7. Zugvogeltagen vom 10. bis 18. Oktober führen Ornithologen Besucher an der Küste und auf den Inseln zu den besten Plätzen, um Zugvögel zu beobachten, ohne sie zu stören.

Spektakuläre Flugmanöver

„Besonders faszinierend sind die großen Schwärme, die bei spektakulären Flugmanövern plötzlich ihre Richtung ändern“, sagte Jan Weinbecker, der als ehemaliger Nationalparkwart auf Langeoog die Insel genau kennt. Der Ornithologe, Vogel-Illustrator und Fotograf ist vor allem von den enormen Flugeigenschaften vieler Arten begeistert: „Der Knutt kann bis zu 5000 Kilometer nonstop fliegen und macht auf dem Weg von Sibirien zur Sahara nur eine Zwischenlandung - hier bei uns im Watt“. Nur dort lohne sich ein Stopp, um genug Futter als Treibstoff für den strapaziösen Weiterflug zu finden.

Extremes Flugverhalten sehen Jan und Ehefrau Birte Weinbecker auch bei den Küstenseeschwalben: Sie fliegen von ihren Brutplätzen in der Arktis zur Überwinterung bis in die Antarktis - hin und zurück bis zu 30 000 Kilometer. Dabei nutzen sie Phasen mit Rückenwind und überqueren etwa den Atlantik mit den Passatwinden.

Vogelexperten gegen Auskunft

Auf dem Weg von der arktischen Tundra nach Afrika landen auch Pfuhlschnepfen im niedersächsischen Wattenmeer. Einige dieser Langstreckenflieger haben mit 1. 000 Kilometern nonstop Rekordwerte aufgestellt. „Dabei müssen sie ihre Routen übers Meer genau einhalten, denn ohne Schwimmhäute können sie dort nicht zwischenlanden“, wissen Jan und Birte Weinbecker.

Die beiden Vogelexperten geben bei den Zugvogeltagen alljährlich ihr Wissen an Urlauber und Insulaner weiter, berichten über das Beziehungsleben der Vögel, ihre Luftkämpfe oder über den täglichen Kampf zum Schutz der Brut. „Der Bezug zur Natur geht leider vielen Menschen immer mehr verloren“, sagte Birte. „Man kann aber nur das schützen, was man kennt - und das lässt sich am besten mit Begeisterung und Empathie vermitteln.“

Zugvögeltage am Wattenmeer

Mehr als 250 Veranstaltungen bieten bei den 7. Zugvogeltagen Einblicke in das Naturschauspiel im Unesco-Weltnaturerbe zwischen Ems und Elbe. Die Angebote in zehn unterschiedlichen Programmheften sind kostenlos bei allen Nationalpark-Infostellen, vielen Tourist-Informationen und bei der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven erhältlich.