Hannover. Niedersachsen lässt Schüler wieder 13 Jahre bis zum Abitur lernen. Schullaufbahnempfehlung wird abgeschafft. CDU fürchtet um Gymnasien.

Als kehrt Niedersachsen zum Abitur nach 13 statt zwölf Schuljahren zurück. Weil die rot-grüne Landesregierung aber zeitgleich weitere umfangreiche Reformen für die Schulen angeschoben hat, stimmten die Oppositionsparteien CDU und FDP am Mittwoch im Landtag in Hannover gegen das Gesetz, das mit der Einstimmen-Mehrheit von SPD und Grünen verabschiedet wurde.

Besonders umstritten ist die Aufwertung der Gesamtschule, die künftig ersetzende Schulform ist. Dies bedeutet, dass die Schulträger Hauptschulen, Oberschulen, Realschulen und Gymnasien am Ort schließen können, wenn eine Gesamtschule angeboten wird. Aus Sicht der Oppositionsparteien legt die Landesregierung damit die Axt an die Gymnasien, da Interessenten künftig zugemutet werde, bis zu 75 Minuten lange Wege bis zum nächstgelegenen Gymnasium in Kauf zu nehmen.

Zum Reformpaket gehört auch das Auslaufen der Förderschulen Schwerpunkt Lernen, hier hatten CDU und FDP auf ein Wahlrecht für den weiteren Besuch einer Förderschule oder Inklusion gepocht, also Unterricht an einer Regelschule. Abgeschafft wird auch die Schullaufbahnempfehlung in der 4. Klasse der Grundschule. Und die weiterführenden Schulen, etwa Gymnasien, können schlechtere Schüler nur unter erschwerten Bedingungen auf eine andere Schulform verweisen.

CDU: Auf dem Weg zum Einheitsschulland

CDU-Oppositionsführer Björn Thümler kritisiert: „Mit dieser Schulgesetznovelle begibt sich Niedersachsen auf den verhängnisvollen Weg Richtung Einheitsschulland.“ Horst Audritz, Vorsitzender des Philologenverbandes als größter Interessenvertretung der Gymnasiallehrer, hielt SPD und Grünen vor, sie praktizierten mit ihrer hauchdünnen Mehrheit eine bisher nicht gekannte Arroganz: „Das Gesetz enthält alle Instrumente zur Demontage eines vielfältigen Schulangebots und insbesondere des Gymnasiums.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht dagegen Gesamtschulen und Gymnasien als Gewinner der Reform, hält auch das Auslaufen der Förderschulen Lernen für richtig und lobt vor allem den Rechtsanspruch der Schulen auf die Einrichtung von Ganztagsangeboten bei besserer finanzieller Förderung als in der Vergangenheit. GEW-Chef Eberhard Brandt forderte aber auch die Einstellung weiterer Pädagogen: „Gute Ganztagsschulen und Inklusion erfordern eine deutliche Verbesserung der Personalausstattung.“

Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) betonte, es gehe um mehr Chancen für alle Kinder. Dazu gehöre auch das Ende der Schullaufbahnempfehlung: „Wir schaffen hier einen nicht kindgerechten Leistungsdruck ab.“ Die alte Lösung habe sich als eine „negative sozial-selektive Maßnahme erwiesen“. Die Umsetzung beginnt mit dem neuen Schuljahr und bezieht die Schuljahrgänge fünf bis acht ein. Teil der Reform ist auch ein besserer Freizeitausgleich für Lehrer, die Klassenfahrten machen. Die boykottieren Klassenfahrten als Reaktion auf die um eine auf 24,5 Stunden erhöhte wöchentliche Unterrichtsverpflichtung.