Vor dem Hintergrund der Gewalt in Syrien ist es in Celle erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Tschetschenen gekommen. Aufrufe radikaler Islamisten sollen den Konflikt befeuert haben.
Celle. Nach einer Massenschlägerei am Montagabend in Celle zwischen Muslimen und Jesiden war die Polizei in am Dienstag erneut mit einem Großaufgebot in der niedersächsischen Stadt im Einsatz.
Die Beamten wollten nach Polizeiangaben eine weitere gewalttätige Auseinandersetzung von Jesiden und tschetschenischen Muslimen im Ortsteil Neuenhäusen verhindern. Dort standen sich die verfeindeten Gruppen bereits seit dem Nachmittag gegenüber. Die Polizei Celle bekam Unterstützung aus Hannover, Oldenburg, Göttingen, Braunschweig, Lüneburg und Bremen.
Neun Personen wurden bei der Auseinandersetzung verletzt, darunter fünf Polizisten.
Nach Angaben der Stadt Celle hatten Aufrufe radikaler Islamisten in sozialen Medien den Konflikt zwischen Jesiden und muslimischen Tschetschenen befeuert. Über soziale Medien habe unter anderem der Prediger Pierre Vogel dazu aufgerufen, den Muslimen zur Hilfe zu eilen, teilte eine Sprecherin der Stadt Celle am Mittwoch mit. Dies sagte auch der Vertreter des jesidischen Zentrums in Celle, Pashin Ipek.
Auslöser der Auseinandersetzungen am Montag- und Dienstagabend zwischen Hunderten Anhängern beider Lager sei zunächst ein banaler Streit zwischen jungen Leuten gewesen. Wegen seines langen Bartes sei ein Tschetschene für einen Salafisten gehalten worden, woraufhin es zu Anfeindungen gekommen sei, so die Polizei. Die darauf folgenden Auseinandersetzungen nahmen dann größere Ausmaße an, auch weil beide Seiten Unterstützung aus anderen Landstrichen anforderten. In Stadt und Landkreis Celle haben die Jesiden ihre mit rund 10 000 Mitgliedern größte Gemeinde außerhalb ihrer Herkunftsländer.
Die aufgeheizte Lage wegen des Vorrückens der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ in Syrien habe den Konflikt dann weiter verschärft.
Gegen 21 Uhr waren es am Dienstagabend nach Angaben der Polizei etwa 250 Jesiden und 100 Muslime, die sich im Ortsteil Neuenhäusen gegenüberstanden. Während sich die Gruppe der kurdischen Jesiden auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes in der Itagstraße konzentrierte, kamen die muslimischen Tschetschenen in der Fuhsestraße zusammen. Insgesamt versammelten sich an beiden Orten mehrere hundert, zum Teil hoch emotionale Menschen. Beide Gruppen hätten sich höchst aggressiv verhalten und immer wieder versucht, die errichteten Polizeiabsperrungen zu durchbrechen, sagte Guido Koch von der Polizeiinspektion Celle.
Zu dem Gewaltausbruch kam es trotz mehrerer Schlichtungsversuche von Vertretern beider Lager gemeinsam mit dem Oberbürgermeister und der Polizei. Bis spät in den Abend hinein suchten die Gruppen die Auseinandersetzung mit den Andersgläubigen. Mehrfach wurden die eingesetzten Beamten attackiert, indem Personen aus beiden Gruppen auf die Polizisten zu liefen und sie mit Knüppeln, Flaschen und Steinen angriff. „Ein Vordringen zur jeweils anderen Gruppe wurde durch das konsequente polizeiliche Einschreiten verhindert“, teilte die Polizei Celle am Mittwoch mit.
Nachdem gegen 22 Uhr eine Vielzahl von Störern auf der Fuhsebrücke festgesetzt wurde, beruhigte sich laut Polizei die Situation und die Gruppierungen verließen nach und nach den Bereich. Gegen 23 Uhr sei es noch einmal zu einem Aufeinandertreffen der Parteien im Bereich eines Schnellrestaurants in Altencelle gekommen. Die polizeilichen Ermittlungen dauern an.
Bereits am Montagabend waren bei einer Massenschlägerei zwischen Muslimen und Jesiden im Ortsteil Neuenhäusen sechs Menschen verletzt worden.
Gegen die Beteiligten dieser gewalttätigen Auseinandersetzung laufen bereits Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs.
Celles Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende äußerte sich am Dienstag zu den Auseinandersetzungen: „Die gewalttätigen Auseinandersetzungen zeigen, dass die Spannungen aus den geografisch weit entfernten Krisengebieten auch in Celle angekommen sind. Wir alle haben erlebt und gesehen, dass die grausamen Gewalttaten bei unseren hier lebenden Menschen tiefe Spuren hinterlassen. Das gilt für alle betroffenen Seiten.“
Auch in Hamburg standen sich am Dienstagabend jeweils rund 400 Kurden und radikale Islamisten gegenüber. Obwohl es der Polizei gelang, beide Gruppen mit Wasserwerfern abzudrängen, gab es bei Auseinandersetzungen 14 Verletzte.
Nach den Krawallen wurden für Hamburg kurdische Proteste angekündigt.
In Celle befürchten Polizei und Stadt trotz Schlichtungsversuchen weitere Konfrontationen.