Bis 2013 wurden in Niedersachsen 33 Schwimmbäder geschlossen. Der DLRG-Landesverband Niedersachsen sieht einen Zusammenhang zwischen den Schließungen und der hohen Anzahl an jungen Nichtschwimmern.

Hannover. Eigentlich sollen alle Jungen und Mädchen am Ende ihrer Grundschulzeit schwimmen können. Das ist der Plan – die Realität sieht anders aus: Denn nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) kann sich am Ende der vierten Klasse nur jeder zweite Grundschüler ohne Hilfe über Wasser halten. Woran liegt das? Kritiker sehen einen Zusammenhang zwischen der hohen Nichtschwimmerquote und den zunehmenden Bäderschließungen in den Kommunen.

Nicola Dubacher vom DLRG-Landesverband Niedersachsen weist auf einen deutlichen Anstieg der Nichtschwimmerzahlen unter Grundschulkindern hin. Denn 2004 lag ihr Anteil bei 33,9 und heute bei 50 Prozent.

Und: Immer mehr Bäder würden geschlossen, sagt Nicola Dubacher vom DLRG-Landesverband. So entfalle auch die Möglichkeit, nahe beim Wohnort zum Schwimmunterricht zu gehen. In Niedersachsen seien von 2007 bis 2013 zwölf Bäder saniert und 33 geschlossen worden, 82 gelten ihren Angaben nach „als weiterhin gefährdet“. „Gefährdet“ meine hier die Schließung der Bäder, so Dubacher. „Wenn keine Privatinvestoren gefunden werden, besteht keine Möglichkeit zur Sanierung“, erklärt sie. Bundesweit habe es in dem Zeitraum 296 Schließungen von Frei- und Hallenbädern gegeben.

Einfache Schwimmbecken anstatt Schwimmtempel

Die Entwicklung sei der Lage der Kommunen geschuldet, sagt Thorsten Bullerdiek vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB). „Wir sind daran interessiert, sie zu erhalten. Wenn ein Schwimmbad erstmal zu ist, wird es nicht wieder aufgemacht.“ Die Bäder fielen zwar unter die freiwilligen Leistungen, zählten aber zu den Einrichtungen, die „das Leben in der Gemeinde lebenswert machen“. Viele Kommunen versuchten, ihre Bäder zu erhalten – mit Hilfe etwa von Fördervereinen. Nach Heins Angaben werden landesweit 150 bis 180 Bäder von Vereinen unterstützt. Das sei aber keine Lösung auf Dauer.

„Schwimmbäder sind langfristige Investitionen“, sagt Bullerdiek. „Das ist nichts, was sich zu irgendeiner Zeit rechnet. Ohne kommunale Zuschüsse geht es nicht.“

Dass Bäder Geld kosten, gibt Hein zu. „Aber seitens des Sports und seitens der DLRG haben wir keine Schwimmtempel gefordert, sondern ordentliche, einfache Schwimmbäder.“ Oft werde stattdessen der Fehler begangen, Wellness, Sport und Freizeit unter einem Dach zu bündeln. Dabei reichten vielerorts einfache Lehrschwimmbecken. Aber: „Becken sind knapp. Es wird alles eher schlimmer als besser“, sagt Schwarze. „Klassische Lehrschwimmbecken gibt es fast nicht mehr“, bedauert auch Stephan Schulz, Ausbildungsleiter der DLRG Niedersachsen.

Kinder vom Land können oft besser schwimmen

Schwimmunterricht in der Schule sei allerdings nur eine begleitende Maßnahme, stellt Hein klar. Auch das schnelle Durchschleusen von Kindern durch Kurse sieht er kritisch: „Das Seepferdchen ist kein Merkmal für Schwimmfähigkeit. Nach einem Kurs besitzt kein Kind die Schwimmfähigkeit“, betont er. Neulinge müssten erst Vertrauen zum Wasser und zu den Schwimmarten bekommen. Schwimmkurse sind aber oft überlaufen. Schwarze bedauert, dass das Schwimmen in vielen Kindergärten keine Rolle spiele – „obwohl das der richtige Zeitpunkt wäre“.

Wolfgang Hein vom Niedersächsischen Landesschwimmverband sieht bei der Schwimmfähigkeit große regionale Unterschiede. In manch ländlicher Region könnten die Kinder weitaus besser schwimmen als ihre Altersgenossen in der Stadt. „In Bremen ist es in der dritten Grundschulklasse Pflicht, Schwimmen zu lernen“, ergänzt Wilfried Schwarze vom Bremer Schwimmverband. „Aber viele fallen durch das Raster.“