Das Kreditgeschäft mit den Bauern boomt. Hinter den Zahlen steckt der Trend, eigene Arbeit oder Maschinen durch Hilfe von außen zu ersetzen. Experten halten stärkeres Outsourcing für logisch.

Hannover. Deutschlands Bauern sind in bester Kauflaune. Jeder zweite von ihnen will spätestens im nächsten Jahr eine größere Ausgabe stemmen und sich beispielsweise modernes Gerät für den Acker oder einen neuen Schlepper leisten. „Die Stimmung in unserer Branche könnte nicht besser sein“, sagte der Chef der Fachsparte Landtechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Bernd Scherer, zum Start der Agritechnica Anfang dieser Woche. Die weltgrößte Landtechnikmesse endet am Sonnabend – und wenn es nach der dortigen Stimmung geht, brummt es derzeit nur so auf den Höfen hierzulande.

Kein Wunder: Die Landwirte blickten auf solide Preise und Ernten, und die Industrie dahinter freue sich über volle Auftragsbücher, erklärt Marktexperte Scherer. Eine genauere Analyse zeigt aber auch: Immer mehr Landwirte zwischen Alpen und Küste setzen auf viele fremde Hände, lassen Dienstleister auf ihre Scholle, leihen sich das immer teurere Hightech-Gerät für die Arbeit auf dem Acker zusammen oder finanzieren es gemeinschaftlich.

Viele Fachleute sagen, das sei nur clever so. Denn im Wettkampf in der Agrarbranche, in dem die Rentabilität längst entscheidend von der Größe der Maschinen oder der eigenen Bodenfläche abhängt, müssten gerade kleinere Bauern neue Wege gehen.

Das Geschäft mit dem Geld für die Landwirtschaft ist riesig. 45,6 Milliarden Euro Kreditvolumen steckten Mitte 2013 im deutschen Sektor Land- und Forstwirtschaft/Fischerei, berichtet Cornelia Schulz vom Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Die Genossenschaften sind mit rund der Hälfte – 22,6 Milliarden Euro – mit Abstand Marktführer vor den Sparkassen, die laut BVR-Rechnung auf ein knappes Viertel Marktanteil kommen. Und noch etwas zeigt die Aufstellung: Das gesamte Kreditvolumen wuchs seit 2003 um 42 Prozent.

Kaufen Deutschlands Bauern also verstärkt auf Pump? Das stimmt so nicht ganz. „Arbeit wird zunehmend durch Kapital ersetzt“, sagt Peter Pascher, Experte für Betriebswirtschaft im Deutschen Bauernverband. Der Trend sei klar: Was in fernen Zeiten per Handarbeit und später zunehmend mit eigenen Maschinen lief, organisierten die Landwirte nicht mehr nur in Eigenregie, sondern verstärkt mit externer Hilfe.

Die Profiteure sind Dienstleister wie die Lohnunternehmen oder der Maschinenring, in dem Landwirte Mähdrescher und Co. gemeinschaftlich nutzen. „Gerade für die Nebenerwerbslandwirte ist das ja auch eine wirtschaftliche Frage“, gibt Pascher zu bedenken. Besonders Bauern, die einen Betrieb als Zubrot zum eigentlichen Job bewirtschaften, könnten niemals über die ganze Saison ein teures Gerät auslasten.

Der Maschinenring Deutschland aus Neuburg an der Donau berichtet sogar: „Immer wichtiger wird die Auslagerung ganzer Betriebszweige an Berufskollegen, die sich darauf spezialisiert haben.“ Zusammen im Maschinenring organisierten sich Kollegen, ohne beim Abtreten der Arbeit von einzelnen Lohnunternehmern abhängig zu werden. Beide Formen der externen Hilfe profitieren aber vom Trend zum Outsourcing.

Laut Situationsbericht des Bauernverbandes machten hierzulande zuletzt 3350 Lohnunternehmen knapp 2 Milliarden Euro Umsatz mit der Arbeit im Auftrag von Land- und Forstwirten. Seit Jahren gibt es dort stetiges Wachstum – auch im jüngsten Geschäftsjahr 2012/13, wie Pascher sagt. 2,1 Milliarden Euro stünden nun in den Büchern. Die Umsätze wüchsen im Umfeld der Landwirtschaft, etwa bei Biogasanlagen, aber auch in der Bodenbearbeitung oder Düngung mit Spezialtechnik.

Bei den Maschinenringen läuft es spiegelbildlich. Der Lagebericht nannte zuletzt 259 von Landwirten gegründete Ringe mit fast 200.000 Mitgliedsbetrieben, die 1,1 Milliarden Euro umsetzten – mehr als die Hälfte davon in der Maschinenvermittlung. Längst seien sie in vielen Regionen „ein bedeutender Wirtschaftsfaktor“. Laut Fachmann Pascher spricht oft auch die große Professionalität dafür, Arbeit abzugeben.

Und so erklärt sich auch ein Teil des boomenden Kreditmarktes: Lohnunternehmer haben schlicht einen höheren Fremdfinanzierungsanteil als selbstständige Landwirte, hieß es jüngst im Konjunktur- und Investitionsbarometer der VDMA-Landtechniksparte. Während gut jeder fünfte Landwirt große neue Maschinen komplett mit Eigenkapital finanziert, sind es bei Lohnunternehmern gerade einmal fünf Prozent.