Ex-Bundespräsident Christian Wulff kämpft vor dem Landesgericht in Hannover um seine Ehre. Er sei nicht bestechlich. Alle Vorwürfe der Vorteilsnahme seien haltlos.
Hannover. Er fordert einen Freispruch auf ganzer Linie, eine Wiederherstellung seiner Ehre: Alt-Bundespräsident Christian Wulff hat zu Beginn des Korruptionsprozesses vor dem Landgericht Hannover seine Unschuld beteuert. „Ich bin mir ganz sicher, dass ich auch den allerletzten Vorwurf ausräumen werde, weil ich mich immer korrekt verhalten habe im Amt“, sagte der 54-Jährige, der im Februar 2012 zurückgetreten war. Der Vorwurf der Vorteilsnahme sei „absurd“, die Anklage „eine Farce“. Niemals in seinen 37 Jahren als Politiker habe er sich bei Entscheidungen durch Geschenke beeinflussen lassen. Die Staatsanwaltschaft habe unfair gegen ihn ermittelt.
Der Prozess gegen Wulff ist ein einmaliger Vorgang in Deutschland. Nie zuvor musste sich ein amtierendes oder ehemaliges Staatsoberhaupt in einem Strafverfahren vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Wulff, sich 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident korrupt verhalten zu haben, als er sich von dem ebenfalls angeklagten Filmproduzenten David Groenewold zu einem Besuch beim Münchner Oktoberfest und einer Übernachtung im Hotel Bayerischer Hof einladen ließ. Konkret geht es um eine Summe von rund 720 Euro, die der Unternehmer für Wulff und seine Frau Bettina bezahlte. Nach Auffassung der Anklage sollte Wulff damit motiviert werden, sich beim Siemens-Konzern für eine Unterstützung bei der Vermarktung des Groenewold-Films „John Rabe“ einzusetzen. Staatsanwalt Clemens Eimterbäumer sagte, dass er nicht nur eine Verurteilung Wulffs wegen Vorteilsnahme, sondern sogar wegen Bestechlichkeit für möglich hält. Laut Strafgesetzbuch könnte Wulff dann bis zu drei Jahre Haft bekommen. Wahrscheinlicher wäre aber eine Geld- oder Bewährungsstrafe.
Der ehemalige Bundespräsident wies in einer knapp 50-minütigen Erklärung alle Vorwürfe zurück. Sie seien „ehrabschneidend“. Er habe erst Anfang 2012 erfahren, dass Groenewold für ihn in München diese Kosten übernommen habe. Zwar habe er 2008 bei Siemens-Chef Peter Löscher für „John Rabe“ geworben. Dies habe er aber getan, weil ihn das Thema beeindruckt habe – der heldenhafte Einsatz von John Rabe, der in der Nazi-Zeit vielen Menschen das Leben rettete. Der Brief an Siemens sei auch nicht von ihm persönlich erstellt worden. „Ich habe Tausende solcher Briefe in meiner Zeit als Ministerpräsident verschickt.“
Wulff versicherte, er habe in seinen Ämtern stets auf eine strikte Trennung zwischen Berufs- und Privatleben geachtet. „David Groenewold ist mein Freund“, sagte Wulff. Auch Politiker hätten das Recht auf Freunde. Zuvor hatten sich beide Männer im Gerichtssaal herzlich begrüßt. Ungewöhnlich deutlich beklagte Wulff die Folgen der Ermittlungen. Seine Privatsphäre sei extrem verletzt worden. „Die persönlichen Schäden, die meine Familie und ich erlitten haben, werden bleiben. Wahrscheinlich ein Leben lang.“
Altbundespräsident Roman Herzog stärkte Wulff im „Handelsblatt“ den Rücken. Schon das Verfahren, das zu Wulffs Rücktritt führte, habe er für „völlig abwegig“ gehalten. „Hier hat ein Staatsanwalt einen Vorgang angeschoben, an dem am Ende eine aufgeheizte Anti-Stimmung Wulff zum Rücktritt gedrängt hat.“
Das Landgericht Hannover hat weitere 21 Verhandlungstage bis April 2014 angesetzt. 46 Zeugen sind geladen.