Für die neue Rethebrücke werden in Wilhelmshaven 3000 Tonnen Stahl verbaut. Noch in diesem Jahr soll sie nach Hamburg geliefert werden.

Wilhelmshaven. Eisiger Wind fegt über das Hafengelände an der Jade. Hinter einem Schneehügel erhebt sich ein gewaltiges Stahlgerippe, in dem ein paar vermummte Gestalten schnell hinter schweren Zeltplanen verschwinden. Auf dieser Baustelle in Wilhelmshaven wird derzeit Europas größte Klappbrücke montiert. Die neue Rethebrücke soll in diesem Jahr auf die Reise über die Nordsee nach Hamburg gehen. Dort gilt sie mit 135 Millionen Euro Baukosten als eines der bedeutendsten Hafen-Infrastrukturprojekte an der Elbe.

Der Gang über das verschneite und zugige Gelände in Wilhelmshaven wird für die Schweißer häufig zur Rutschpartie, doch hinter dicken Zeltplanen ist es mollig warm. Großvolumige Heizungen sorgen für ein angenehmes Raumklima in einem Gewirr aus Stahlträgern, Alu-Gerüsten und Schweißgeräten.

„Die Kälte ist nicht das Problem, sondern die Feuchtigkeit und der schnelle Wechsel der Witterung“, sagt Reinhard Paasch von der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority. Der Ingenieur koordiniert ein ganzes Bündel von Qualitätsprüfungen, damit die rund 3000 Tonnen Stahl möglichst fehlerfrei montiert werden. Allein die zahlreichen Schweißnähte sind zusammen 20 000 Meter lang. „Das Material muss beim Schweißen eine gute Verbindung eingehen, damit die Brücke viele Jahrzehnte hält“, erklärt der Spezialist für Fertigungsüberwachung.

Die neue Klappbrücke wird mit 104 Metern Spannweite deutlich größer als ihre Vorgängerin. Rund 80 Jahre hat die alte Rethehubbrücke im Hamburger Hafen auf dem Buckel. Seit 1934 überqueren sie jeden Tag tausende Autos und Lastwagen, dazu kommen täglich 40 Rangierfahrten der Hamburger Hafenbahn. Pro Jahr wird das Bauwerk rund 3000 mal angehoben und gesenkt. „Das hat aber Spuren hinterlassen, und der Reparaturbedarf steigt“, sagt Paasch.

Unter der neuen, größeren Brücke wird auch Platz sein für eine breitere Fahrrinne am südlichen Reiherstieg im boomenden Hamburger Hafen. Dort müssen vor allem Massengutschiffe und Stückgutfrachter das Nadelöhr an der Brücke passieren.

Auch für erfahrene Spezialisten ist die riesige Klappbrücke eine Herausforderung. „Das ist schon eine sehr spezielle Konstruktion, fast wie der Bau einer großen Maschine“, sagt der Ungar Janos Kocsis. Er baut seit 20 Jahren Brücken in ganz Europa, wie viele, hat er nicht gezählt. Seine Schweißertruppe verarbeitet besonders reinen Stahl, der nach einem speziellen Verfahren möglichst spannungsfrei werden soll – ideale Voraussetzungen für die großen Belastungen durch den Straßen- und Schienenverkehr.

Auf die Brückenbauspezialisten und die Verkehrsplaner wartet im Hamburger Hafen noch eine besondere Aufgabe. Die neue Klappbrücke muss auf der Baustelle direkt neben ihrer Vorgängerin hochgezogen werden und funktionieren. Erst dann geht die alte Rethebrücke in Rente – nach 80 Jahren Auf und Ab.