Um Hilfsangebote zu verbessern, erhebt Niedersachsen erstmals landesweit die Auslastung der Obdachlosenunterkünfte.

Hannover. Die Temperaturen fallen, die Nächte werden bitterkalt. Vor einem Monat konnte sich Detlef noch in seine Garbsener Wohnung zurückziehen. Als er die Miete nicht mehr zahlen konnte, wurde er auf die Straße gesetzt. Seitdem ist er obdachlos und sucht von Tag zu Tag eine Bleibe für die nächste Nacht. „In den Notunterkünften kann ich nur ein bis drei Nächte schlafen“, erzählt der 48-Jährige. Dann geht die Suche wieder von vorne los.

Detlef ist einer von geschätzten 248 000 wohnungslosen Menschen bundesweit. 22 000 von ihnen leben ohne jede Unterkunft auf der Straße. Diese Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) von 2010 dienten der niedersächsischen Regierung neben anderen teils regionalen Erhebungen als Grundlage für die Obdachlosenhilfe.

Wie es um die Unterbringung von Obdachlosen bestellt sei, zeigten diese Zahlen aber nicht, so die Sprecherin des niedersächsischen Sozialministeriums, Heinke Traeger. Deshalb erfasst das Land nun, wie viele Obdachlosenunterkünfte es gibt und wie sie ausgelastet sind. Bislang haben 960 Einrichtungen ihre Zahlen an das Land gemeldet. „Die zum Stichtag vorgehaltenen 8189 Obdachlosenplätze waren mit 4076 Personen belegt“, berichtet Traeger. Das bedeute, dass es in Niedersachsen ausreichend Kapazitäten gebe, um Obdachlose ordnungsgerecht unterzubringen.

Von diesen Zahlen auf die tatsächliche Anzahl der Betroffenen zu schließen, sei jedoch schwierig. „Zahlen hängen immer von der Definition ab, also davon, wer mitgezählt wird und wer nicht“, sagt Peter Szynka, Geschäftsführer des Evangelischen Fachverbandes Wohnung und Existenzsicherung. „Konkret auf der Straße leben schätzungsweise 2000.“ Hinzu kämen etwa 3000, die in Einrichtungen der Caritas und Diakonie Schutz suchten. Die Daten des Landes leisten Szynka zufolge vor allem einen Überblick. „Jetzt heißt es, diese Zahlen in die Wohnungspolitik einzubringen“, fordert er. „Derzeit gibt es keine billigen Wohnungen. Aber erst Mietverträge können den Leuten Sicherheit geben.“ Die Obdachlosenunterkünfte seien schließlich nur notdürftige Unterbringungen.

„Es gibt gute Gründe, nicht in die Unterkünfte zu wollen“, meint Joachim Teuber, Sozialarbeiter im „Kontaktladen Mecki“ in Hannover. Viele Zimmer seien doppelt belegt und es mangele an Sauberkeit. Außerdem sei die Angst vor Gewalt und Diebstählen hoch. „Viele denken sich dann: Da bleib ich lieber draußen.“ Für Detlef ist die Bleibe zur Zeit die einzige Möglichkeit. Er muss sie um 8 Uhr morgens mit Sack und Pack wieder verlassen. Im „Kontaktladen Mecki“ kann er frühstücken und sich aufwärmen, auch eine Krankenschwester ist da. „Danach muss ich den Tag rumkriegen, bis ich wieder reinkann“, sagt er. Jetzt will er sich auf einen Wohnheimplatz bewerben. Ob es dort besser wird, weiß er nicht.