Für Schlecker gibt es kaum noch Hoffnung, die Mitarbeiter von IhrPlatz und Schlecker XL zittern noch. Der Protest hält jedoch weiter an.
Hannover. Nach dem endgültigen Aus für die insolvente Drogeriemarktkette Schlecker haben am Donnerstag hunderte Mitarbeiter Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode zur Rede gestellt. Sie verlangten von dem FDP-Politiker, eine neue Initiative zur Gründung einer Transfergesellschaft zu starten. „Das ist nach wie vor eine vernünftige Lösung, um Zeit zu gewinnen. Wir fordern Sie auf, das Möglichste zu tun“, sagte Verdi-Landeschef Detlef Ahting bei einer Demonstration vor dem Wirtschaftsministerium in Hannover.
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Eine Auffanggesellschaft könne von Nutzen sein, um die Betroffenen weiterzuqualifizieren und die Risiken für Investoren zu senken, argumentierte der Gewerkschafter. „Wir haben uns auch an den Ministerpräsidenten gewandt. Das muss jetzt Chefsache werden.“
Bode verteidigte die Haltung der schwarz-gelben Landesregierung, dass die Schlecker-Frauen auch ohne direkte staatliche Hilfe Chancen bei der Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) hätten: „Es ist immer zu bedauern, dass Unternehmen in der Marktwirtschaft auch mal scheitern können. Wenn diese Fälle eintreten, müssen wir alles daran setzen, dass die Betroffenen möglichst eine neue Perspektive bekommen – und zwar so schell wie möglich.“
Ziel sei es, über die BA Jobs, Umschulungen und Weiterbildungen anzubieten. Viele der nach Verdi-Angaben rund 400 Teilnehmer reagierten mit Kopfschütteln, Pfiffen und Buh-Rufen. „Wenn Sie gehandelt hätten, müssten wir heute hier nicht stehen, und 20 000 Frauen in Deutschland hätten noch einen Arbeitsplatz – zumindest noch eine Chance“, sagte Verdi-Einzelhandelsexperte Heiner Schilling.
Etwa 13 200 Schlecker-Beschäftigte haben bundesweit inzwischen die Gewissheit, ihre Stelle zum Monatsende zu verlieren. In Niedersachsen und Bremen waren laut Verdi rund 1100 Mitarbeiter von einer ersten Kündigungswelle betroffen, nun könnten weitere 1300 hinzukommen.
Für die rund 5000 Mitarbeiter der Töchter IhrPlatz und Schlecker XL bleibt es eine Zitterpartie. Zwar hatten die Schlecker-Gläubiger am Mittwoch die Weichen für den Einstieg des Münchner Investors Dubag gestellt, der IhrPlatz übernehmen und Schlecker XL dort eingliedern will. Ob dies gelingt, ist aber weiterhin unklar.
Ahting sagte, es sei „wenig hilfreich“, die Schlecker-Frauen für das Scheitern des Unternehmens mit verantwortlich zu machen: „Das ist eine Frechheit.“ Bode räumte ein, man müsse untersuchen, ob wirklich das gesamte Firmenvermögen in die Insolvenzmasse eingeflossen sei: „Deshalb finde ich es richtig, dass genau geprüft wird, ob es in der Zeit vor der Insolvenz Dinge gegeben hat, die rechtswidrig waren.“
Zuvor hatte Verdi die Schlecker-Frauen zur Betriebsversammlung in das Congress-Centrum eingeladen. SPD-Landtagsfraktionschef Stefan Schostok sprach sich dabei für die Schaffung eines Sonderfonds der BA aus. Brigitte Pothmer, Arbeitsmarktexpertin der Grünenfraktion im Bundestag, bemängelte den fehlenden Rettungswillen des Landes: „Frauenarbeitsplätze sind weniger wert als Männerarbeitsplätze.“
Gegenwind bekam die Grüne jedoch für ihre Aussage, dass Lohndumping und Bespitzelung Schuld an der Schlecker-Misere seien. „Ich arbeite seit zehn Jahren bei Schlecker, und ich wurde immer fair und pünktlich bezahlt“, sagte Liane Neumann aus Cloppenburg.