Schwerin. Mit einer Masche gelangen Tagestouristen trotz Einreiseverbots an Urlaubsorte in Mecklenburg-Vorpommern. Die Polizei reagiert.

Tagestouristen sorgen an der Ostsee derzeit für großen Unmut bei den Hoteliers: Während Schleswig-Holstein diese wieder an die Urlaubsorte lässt, beschränkt Mecklenburg-Vorpommern die Einreise noch auf Besucher mit Übernachtungsabsicht. Um dennoch einen spontanen Ausflug an die Küste machen zu können, brechen einige Menschen das Verbot nun mit einer neuen Masche.

Sie buchen über Internetportale eine Übernachtung und stornieren sie kurz darauf wieder, nutzen aber einen Ausdruck der zuvor erteilten Buchungsbestätigung als Nachweis im Falle einer Polizeikontrolle. So gelangen Besucher trotz Einreiseverbots für einen Ausflug an beliebte Urlaubsorte wie Binz auf Rügen, Warnemünde, Heringsdorf auf Usedom oder an die Seenplatte.

Hotels fürchten Umsatzeinbußen durch Masche von Tagestouristen

In vielen ohnehin von monatelangen Umsatzeinbrüchen geplagten Hotels hat das nun zu hohem Verwaltungsaufwand und womöglich auch zu finanziellen Einbußen geführt. Derweil wird es an den Stränden und Urlaubsorten durch die unerlaubte Anreise voller, als es die Landesregierung angesichts drohender Corona-Ausbrüche vermutlich gern hätte.

Die Straßen, wie hier in Wolgast auf der Insel Usedom, waren voller Urlauber.
Die Straßen, wie hier in Wolgast auf der Insel Usedom, waren voller Urlauber. © dpa | Stefan Sauer

Lars Schwarz, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Mecklenburg-Vorpommern (Dehoga), hat dieses Phänomen zuerst im eigenen Haus bemerkt. „Die Zahl der Stornierungen bei kurzfristigen Buchungen hat sich bei uns gehäuft“, sagt der Betreiber des Hotels Nudel-Oper in Gnoien dem Abendblatt.

Auch andere Gasthäuser haben ihm von einer auffällig hohen Zahl an Absagen bei zeitnahen Buchungen berichtet. Häufig kämen sie aus benachbarten Ländern wie Hamburg oder Berlin.

Das könnte Sie auch interessieren:

Über die neue Masche mit den Scheinbuchungen hatte zunächst der Sender Ostseewelle berichtet. Demnach sind bei den Hotels der Casilino Gruppe MV in Dorf Mecklenburg, Sievershagen und Pampow vor dem Pfingst-Wochenende mehrere Dutzend Buchungen spontan wieder storniert worden. Betroffen sind nach eigenen Angaben auch der „Reuterhof“ in Stavenhagen und das Hotel „Altes Rathaus“ in Grevesmühlen.

Polizei droht mit Bußgeld in Höhe von bis zu 2000 Euro

Die Polizei hat bei Personenkontrollen derartige Scheinbuchungen noch nicht festgestellt. „Wir haben aber auch nicht die Kapazitäten, den gezeigten Buchungsnachweis noch vom jeweiligen Hotel bestätigen zu lassen“, räumt Nicole Buchfink, Sprecherin des Polizeipräsidiums Neubrandenburg, ein. „Da touristische Einreisen ins Land wieder erlaubt sind, können wir nicht jedes Fahrzeug mit einem fremden Kennzeichen anhalten.“

Üblicherweise werden Tagesgäste ­– sollten sie sich denn als solche zu erkennen geben – an der Grenze erstmal wieder zurückgeschickt. Sind sie jedoch uneinsichtig, oder werden bei einem erneuten unerlaubten Einreiseversuch erwischt, kann das Ordnungsamt ein Bußgeld verhängen. Das kann von 150 Euro schnell auf 2000 Euro in die Höhe schnellen. „Da haben die Ämter einen weiten Ermessensspielraum“, sagt Buchfink.

Dieser werde etwa dann ausgereizt, wenn Tagesgäste das Verbot mit einer vermeintlichen Hotelbuchung zu umgehen versuchen. Es handele sich jedoch rechtlich nur um einen Verstoß gegen das Einreiseverbot – nicht um Betrug. „Dieser Tatbestand ist nur gegeben, wenn sich jemand mit der Täuschung einen finanziellen Vorteil verschaffen will.“

Das bedeutet der Urlaubs-Trick für die Hotels und Gasthäuser

Die Hoteliers jedoch fürchten durch die Scheinbuchungen einen finanziellen Nachteil. Bei Buchungen über die beliebte Onlineplattform booking.com etwa bedarf es einer Stornierung. Die bedeutet für die Unterkunft einen hohen Verwaltungsaufwand. „Die Buchung muss den Ansprüchen des Finanzamts entsprechend ausgetragen und neu vermerkt werden“, sagt Hotelier Schwarz. „Das ist mühsam für uns und kostet Zeit.“

Schlimmer sei jedoch eine Buchung, die nicht storniert werden muss. So, wie bei der bei Geschäftsleuten beliebten Hotelplattform hrs.de. Wer dort kurzfristig ein Zimmer reserviert und bis 18 Uhr nicht an der Unterkunft erscheint, lässt die Buchung einfach verfallen. „Im schlimmsten Fall werden Zimmer so den Tag über bis zum Abend freigehalten, können nicht anderweitig belegt werden und bleiben dann ungenutzt und unbezahlt“, sagt Schwarz.

Mit der Kulanz bei stornierungsfreien Buchungen habe man bisher gute Erfahrungen gemacht. Nun jedoch sei der Schwindel besonders unglücklich.

Tagestourismus in Mecklenburg-Vorpommern nicht vor Ende Juni?

Umstellen will der Dehoga-Präsident die Buchungsprozesse im eigenen Haus wegen der neuen Masche aber nicht. Auch in anderen Hotels sei dies nicht geplant. „Wir wollen unsere Gäste nicht kriminalisieren“, sagt er. „Der Tagestourismus ist entscheidend, nicht nur für das Gastgewerbe, sondern auch für den Einzelhandel, Tankstellen, Blumenläden und so weiter.“

Dennoch sind die Hoteliers verärgert, sagt Schwarz. „Wir haben alle existenzbedrohende Einschnitte hinnehmen müssen, um das Infektionsgeschehen niedrig zu halten.“ Er rechnet vor Ende Juni nicht mit einer Entscheidung darüber, ob auch wieder Gäste ohne Übernachtungsabsicht in Mecklenburg-Vorpommern einreisen dürfen. „Dass einige diese Einschränkungen nun mit solchen Tricks umgehen, ist nicht sozial.“