Wohlfahrtsverbände, Parteien und DGB kritisieren Sparpaket der Bundesregierung. Kommunen tragen Folgekosten der Streichungen bei Hartz IV

Lüneburg. Die Lüneburger Front gegen das von der Bundesregierung für heute zur Verabschiedung auf die Tagesordnung gesetzte Sparpaket im Bereich Sozialleistungen verschärft sich. Mitglieder der Partei Die Linke haben in einer symbolischen Aktion dagegen demonstriert, Mitglieder der SPD diskutierten mit Experten von Caritas, Arbeiterwohlfahrt und Diakonie über die Folgen.

"Der Caritasverband fordert eine Erhöhung der Sätze von 20 Prozent, das sind 60 bis 70 Euro", sagte Gabriel Siller, Geschäftsführer des Diakonischen Werks Lüneburg. Die Summe für Zigaretten und Alkohol zu streichen nannte er "kleinkariert" und einen "Eingriff in die autonome Lebensführung".

Dem schloss sich Berthold Schweers, Geschäftsführer des Diakonieverbands, an. Gleichzeitig forderte er eine Erhöhung der Sätze für Kinder um 20 bis 40 Euro: "Die Regelsätze hinken der Zeit hinterher." Eine echte Teilhabe an der Gesellschaft sei damit nicht möglich.

Günter Wernecke, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt Lüneburg/Lüchow-Dannenberg, warnte vor den mittel- und langfristigen Folgen der Streichung des Rentenbeitrags für Arbeitslose: "Wir werden die Folgen schleichend spüren. Die Altersarmut wird steigen." Die Anzahl der Bezieher von Grundsicherung werde steigen - und damit kommen Probleme auf die Kommunen zu, denn sie zahlen die Grundsicherung.

"Kommunen können nicht die Löcher schließen, die der Bund reißt", sagte Wernecke. Sorgen bereitet dem Awo-Geschäftsführer auch das Auslaufen der Förderung aus dem Ziel-1-Topf der Europäischen Union voraussichtlich im Jahr 2013: "Was passiert dann?" Bislang habe die EU zahlreiche Einnahmeausfälle durch den Bund kompensiert.

Oberbürgermeister Ulrich Mädge, der gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Sturm läuft gegen das Sparpaket, wiederholte seine Forderung nach mehr Geld von Bund und Land an die Kommunen, etwa für Ganztagsschulen, Krippen und Kitas.

Durch die erwartete Erhöhung der Empfänger von Grundsicherung erwartet Mädge eine "Spaltung der Städte", das mache ihm Sorgen. Gemeinsam mit dem DGB fordert er als Mitglied des Städte- und Gemeindebunds eine Erhöhung der Sätze von rund 40 Euro.

Hiltrud Lotze und Heiko Dörbaum aus der Ratsfraktion als Gastgeber des Abends fassten die Haltung der SPD zum Sparpaket zusammen: gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro, Rücknahme des Sparpakets für Hartz-IV-Empfänger und Aufstocker, keine Streichung des Elterngeldes, keine Kürzung der Arbeitsmarktprogramme und Personalkosten für Arbeitslosengeld II, Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Erhöhung des Spitzensteuersatzes und Rücknahme der Unternehmenssteuerentlastung.

Mit einer symbolischen Aktion hatten zuvor bereits Mitglieder der Partei Die Linke in Lüneburg gegen die Pläne demonstriert. Am Ortseingangsschild an der Uelzener Straße schossen sie ein Foto, auf dem sie Päckchen mit dem Hinweis "Sparpaket - Annahme verweigert" in die Kamera hielten.

"Stadt und Landkreis haben von diesem Sparpaket nur Nachteile", sagte Alexander Block, Initiator der Aktion. "Darum sagen wir stellvertretend für unsere Kommune: Die Annahme des Sparpakets verweigern wir und schicken es zurück an den Absender nach Berlin."

So sei der Landkreis als Verwaltungs- und Finanzkonstrukt davon betroffen, wenn Stellen in Bundesämtern gestrichen würden und die Kostenbeteiligung des Landkreises bei den Jobcentern erhöht werde. Die Linke kritisiert den Wegfall der zweijährigen Übergangszeit von Arbeitslosengeld I zu Arbeitslosengeld II, des Beitrags zur Rentenversicherung sowie des Heizkostenzuschusses und des Elterngeldes.