Junge Forscher, Mathezirkel, Talentgruppe Sport und Jeki. Begabungen müssen erkannt werden. Wie besonders begabte Kinder gefördert werden.
Harburg. Fähigkeiten und Begabungen lassen sich bei Kindern schon früh erkennen und gehen weit über Lesen, Schreiben und Rechnen hinaus. Viele Grundschulen spezialisieren ihre Angebote deshalb, zum Beispiel mit besonderen Sportangeboten, Forscherprojekten oder musikalischer Frühförderung. Die Fähigkeiten und Begabungen des eigenen Kindes zu erkennen sind das A und O bei der Suche nach der richtigen Grundschule.
Für Professor Thomas Trautmann, Erziehungswissenschaftler an der Uni Hamburg, beschränkt sich Begabung bei weitem nicht nur darauf, ob ein Kind bereits weit vor der ersten Klasse lesen oder schreiben kann. "Wenn das Kind gerne draußen spielt und Versuche in der Natur anstellt, spricht das immerhin für ein naturwissenschaftliches Interesse", so Trautmann. Unterschätzt werde häufig auch eine gewisse soziale Begabung: "Die wird höchstens dann mal zur Kenntnis genommen, wenn ein Kind den Streit von zwei anderen schlichtet. Aber auch solche Fähigkeiten sollten in viel stärkerem Maße beachtet werden."
Seit 2004 gibt es in Hamburg das Modellprojekt "Schmetterlinge", zur Förderung von begabten Kindern. 22 Schulen haben bisher teilgenommen, elf von ihnen wurden mit einem Zertifikat von der Schulbehörde ausgezeichnet. Die Schule in der alten Forst ist die einzige in Harburg, die seit 2007 den offiziellen Titel "Schmetterlingsschule" trägt. Sie fördert interessierte und begabte Kinder unter anderem mit besonderen Kursangeboten wie Plattdeutsch, dem Mathezirkel oder Wirtschaft für Kinder. Überdies gibt es eine Kooperation mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Im Projekt Kinderforscher, gehen die Dritt- und Viertklässler in die Hochschule, erfahren dort etwas über die Arbeit der Forscher und haben die Möglichkeit selbst zu experimentieren.
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Seit 2010 nimmt auch die Grundschule Scheeßeler Kehre an dem Projekt "Schmetterlinge" teil. Im Moment werden die Lehrer geschult, während des Unterrichts zu individualisieren. "Das heißt, den Blick für die Kinder zu entwickeln, besondere Begabungen zu erkennen und danach entsprechende Angebote zu machen", sagt Schulleiterin Helga Kedenburg.
Zum Beispiel mit der Talentgruppe Sport in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Sportbund. Für ihr umfangreiches Bewegungsangebot wurde die Schule 2011 bereits zum zweiten Mal mit dem Titel "Bewegte Schule" ausgezeichnet. "Außerdem ist uns Selbstständigkeit und Kreativität wichtig. Bereits ab der 2. Klasse haben die Kinder in bestimmten Fächern Wahlfreiheit. Besondere sprachliche Begabungen fördern wir in diesem Bereich zum Beispiel mit einem Kurs zum kreativen Schreiben ab Klasse drei", erklärt Helga Kedenburg.
Ein Projekt zur Förderung von musikalischer Begabung an Hamburger Grundschulen heißt "Jedem Kind ein Instrument" (Jeki). Hierbei können Schüler von der ersten Klasse an kostenlos und mit professioneller Unterstützung des Lehrers ein Instrument lernen. Seit 2009 fördert die Stadt Hamburg dieses Modell. In den vergangenen drei Jahren wurden 7,4 Millionen Euro investiert, um möglichst vielen Grundschulkindern den Zugang zu einem Musikinstrument zu ermöglichen. Das Programm wird an insgesamt 61 Hamburger Schulen angeboten.
"Jeki kommt den Kindern ungemein zugute", sagt Bettina Schuldt. Es gebe gezielte Betreuung, der Unterricht sei viel besser abgestimmt als früher. Und in kleineren Gruppen lerne es sich einfach schneller. "Auch die Ausstattung der Schule mit den Instrumenten wäre ohne das Projekt gar nicht denkbar. Allein ein Cello kostet zum Beispiel mindestens 1000 Euro", so Schuldt.
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Sie unterrichtet Musik an der Grundschule Neugraben. Durch eine private Förderung kommen die Kinder hier bereits seit 2008 in den Genuss von Jeki. Im November fand das erste große Konzert einiger Projektklassen in der Laeiszhalle statt. Daran erinnert sich Bettina Schuld mit großer Freude: "Das war wirklich fantastisch. Viele Eltern kannten die Laeiszhalle nur vom Namen und dann stand auf einmal ihr Kind auf dieser großen Bühne vor dem ausverkauften Haus. Ein wirklich tolles Erlebnis". Und die Qualität stimmte auch. Schuldt ist sich sicher, so ein effizienter Lernprozess sei im konventionellen Musikunterricht nicht möglich.
Im ersten Jahr werden die Schüler bei JeKi spielerisch an die Musik herangeführt.
Ab Klasse zwei kommen Instrumentenpädagogen in die Schule und helfen den Kindern dabei, sich ein Musikinstrument auszusuchen, das sie lernen wollen und zu ihnen passt. Der Unterricht am gewählten Musikinstrument findet dann während der folgenden zwei Jahre in Kleingruppen mit bis zu sieben Schülern statt.
"Musik verbindet. Und das Lernen eines Instruments hilft dabei, Stärken und Schwächen zu erkennen", resümiert Lehrerin Bettina Schuldt. "Durch die besondere Ausrichtung des Projekts kommt es aber meistens zu schnellen Erfolgserlebnissen, die gerade Kindern helfen, die in Mathe oder Deutsch vielleicht nicht so stark sind."